Traumaexpertin Verena König - Wie kann ein unentdecktes Trauma unsere Beziehungen beeinflussen?
Shownotes
Verena ist Traumatherapeutin, Autorin und Podcasterin. Ihr Buch “Trauma und Beziehungen” gehört zu den Büchern, in denen ich beim Lesen sehr viele Stellen markiert habe, deshalb habe ich mich sehr gefreut, nun mit ihr darüber zu sprechen.
Ich wollte von ihr wissen, wieso sie sich ausgerechnet auf Trauma spezialisiert hat, was es mit Bindungstraumata genau auf sich hat und wie wir potenzielle Traumatisierungen erkennen. Wir sprechen über falsche und richtige Annahmen zum Thema Trauma, es geht um Bindungstypen und Beziehungsmuster, wir sprechen über Authentizität, Bestätigung und das Verzeihen.
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00:00:01: Der Stress, den ich jetzt in mir trage, der hat ja nicht unbedingt nur mit dem Verhalten meines Gegenübers zu tun, sondern ganz viel mit meinem Bewertungssystem innerlich.
00:00:12: Also es kann vielleicht sein, dass ich in einer guten Beziehung bin mit jemandem, der mir Nähe schenken will und ich habe aber ambivalente Erfahrungen mit Nähe gemacht.
00:00:23: Und dann kann es sein, dass das in mir Stress auslöst, das Gute in mir Stress auslöst.
00:00:28: Das ist auch was, was viele Menschen mit Trauma-Folgen sehr belastet, dass sie das Gute schwer annehmen können, was sie sich vielleicht lange gewünscht haben.
00:00:34: Und sie merken, sie können es aber gar nicht wirklich in sich einlassen.
00:00:38: Das heißt, sie sind in einer Beziehung und eigentlich ist alles gut.
00:00:42: Unter Umständen ja.
00:00:43: Und dann trotzdem funktioniert es nicht.
00:00:45: Trotzdem ist es schwer.
00:00:47: Erkenntnisse gerade über sich selbst und gerade, wenn Trauma vielleicht im Hintergrund eine Rolle spielt, die sind oft extrem ernüchternd.
00:00:54: Die sind sehr schmerzhaft.
00:00:56: Wenn wir Dynamiken aus unserer Familie im Rückblick plötzlich anders bewerten können, wenn wir ihnen Namen geben können, dann kommt oft ein Schmerz mit, der damals auch da war, aber der eben wegkompensiert werden musste, weil dafür kein Raum war.
00:01:13: Erkenntnisse bringen also häufig einen Schmerz mit und sind deswegen nicht nur entlastend im Sinne von aha, ich verstehe, sondern oh Gott, jetzt sehe ich.
00:01:27: Willkommen im Hotel Matze, ich bin Matze Hieschau und ich treffe mich hier mit Menschen, die mich interessieren und versuche herauszufinden, wie die so ticken.
00:01:34: Mein heutiger Gast ist Verena König.
00:01:36: Verena König ist Traumatherapeuten, Autoren und eine der warmherzigsten Stimmen, wenn es darum geht, komplexe innere Vorgänge verständlich und würdevoll zu machen.
00:01:48: Außerdem hatte das Buch Trauma und Beziehung geschrieben.
00:01:50: Das ist das Buch, bei dem ich so viele Markierungen gemacht habe wie noch nie.
00:01:54: Wir haben uns in diesem Jahr im Frühjahr hier mit der Matze unterhalten und ich habe direkt danach gewusst, wir müssen ganz ganz dringend nochmal sprechen, weil ich noch so viele offene Fragen hatte.
00:02:04: Und jetzt haben wir uns nochmal unterhalten live vor Publikum in München.
00:02:08: Sie war dort mein Überraschungsgast und ganz am Anfang klären wir nochmal grundsätzliches Übertrauma.
00:02:12: Das heißt, wenn die erste Folge gehört habt, könnt ihr vielleicht die ersten zehn Minuten skippen, wenn ihr es unbedingt wollt und setzen dann aber unser erstes Gespräch vor.
00:02:19: Das geht um längere Beziehung und die Frage, was passiert, wenn man den eigenen Partner, die Partnerin plötzlich nicht mehr wieder erkennt, wenn die einem so fremd wird.
00:02:27: Wir sprechen über People-Pleasing und Nazismus, was das miteinander zu tun hat und darüber, was es mit Kindern macht, wenn sie zu früh zu viel Verantwortung übernehmen müssen.
00:02:38: Ganz, ganz viele Erkenntnisse waren dabei, ich habe ganz oft genickt und ihr werdet es merken, Das Publikum war ganz, ganz still, weil sie, glaube ich, auch so fasziniert von Verena waren und ganz viele Erkenntnisse hatten.
00:02:48: Zumindest habe ich das so gelesen.
00:02:50: Ich wünsche euch viel Vergnügen.
00:02:52: Emote Marze mit Verena König.
00:03:02: Ein wunderschönen guten Abend.
00:03:06: Heidanaier seid ja viele.
00:03:09: Ach, wie schön.
00:03:09: Schönen guten Abend.
00:03:10: Ich freue mich total hier zu sein.
00:03:11: Ich glaube, alle, die mich kennen, wissen, dass ich diese Stadt abgöttisch liebe.
00:03:15: Und jeden Moment und jeden Termin wahrnehmen, um hier zu sein.
00:03:19: Meine Familie will immer noch nicht herziehen, aber irgendwann schaffe ich das noch.
00:03:24: Sorry, ich muss mal ein bisschen gucken.
00:03:27: Aha, okay.
00:03:30: Hallo?
00:03:33: Hallo?
00:03:36: Es ist wirklich ein bisschen... Ich mache das jetzt seit neun Jahren.
00:03:40: Und für mich, ich merke das immer wieder in solchen Momenten, dass es total komisch ist, weil wenn ich in Berlin im Prezlauer Berg sitze und Gäste empfange, dann vergesse ich immer, dass Leute zuhören.
00:03:51: Und dann ab und zu kriege ich dann mal so eine Nachricht, das ist dann so ein ganz kleines rundes Bild.
00:03:56: Und jetzt sehe ich, dass euch, euch gibt es wirklich.
00:03:59: Super.
00:04:01: Also wahrscheinlich ist es eher sogar so, Also es gibt drei Gründe, warum ich das hier mache.
00:04:05: Und ein Grund ist, dass ich eigentlich euch sehen will.
00:04:08: Also wenn man es genau nimmt, habt ihr dafür gezahlt, dass ich euch sehe.
00:04:13: Das heißt, ich bleibe jetzt einfach so sitzen und gucke einfach.
00:04:18: Das wäre auch interessant, ne?
00:04:19: Nee, das machen wir natürlich nicht.
00:04:21: Der zweite Grund, warum ich hier bin, ist Verena.
00:04:26: Weil wir hatten, ich glaube, im April war das ein wahnsinnig schönes Gespräch.
00:04:31: Und ich habe ganz viele Zettel sowieso immer und nur die Hälfte der Zettel wurde beantwortet.
00:04:39: Was nicht an dir lag, sondern an mir.
00:04:40: Ich hatte einfach wahnsinnig viele Fragen.
00:04:42: Und habt ihr diese Folge gehört mit Verena?
00:04:48: Wie viel von euch haben diese Folge gehört?
00:04:49: Hebt mal die Hand.
00:04:51: Gut.
00:04:53: Super.
00:04:54: Ich würde sagen, ich freue mich dann, dass es auch die Möglichkeit gibt, weiterzusprechen.
00:05:00: Und ich habe noch weitere Fragen.
00:05:02: Und mein Plan für heute ist der.
00:05:03: Ich bin über die Jahre so ein kleiner Control Freak geworden.
00:05:07: Und nach den Zuschriffen, die ich so kriege, geht es euch ähnlich.
00:05:12: Ihr wisst auch immer ganz gerne, was euch erwartet.
00:05:14: Und deswegen ist es großartig, dass ihr trotzdem hergekommen seid, ohne zu wissen, was euch erwartet.
00:05:19: Das ist auch für mich eine Überwindung.
00:05:22: Und also wir werden jetzt so ungefähr siebzig, achtzig Minuten miteinander sprechen.
00:05:28: Dann machen wir Dann überlege ich mir noch was dazwischen.
00:05:31: Und dann wird es auch die Möglichkeit geben, dass ihr Fragen stellen könnt, wenn ihr das wollt.
00:05:36: Und es ist so, wir zeichnen das hier alles auf.
00:05:37: Das heißt, ihr müsst euch das, was ich während des Buches mit Verena hatte, ich musste die ganze Zeit anstreichen.
00:05:43: Also ihr müsst heute nichts mitschreiben.
00:05:45: Ihr könnt es euch später noch mal anhören.
00:05:47: Habt ihr soweit noch Fragen?
00:05:50: Ihr seid wahnsinnig ruhig, das ist wirklich abgefahren.
00:05:55: Euch gibt's wirklich.
00:05:58: Verena, wie geht's dir denn?
00:06:00: Jetzt gerade?
00:06:01: Ja.
00:06:02: Sehr gut.
00:06:02: Ich freue mich total hier zu sein.
00:06:04: Ich fühle mich freudig aufgeregt und natürlich auch ein bisschen gespannt, weil ich bin selten Überraschungsgast.
00:06:12: Ich habe vor allem mal überlegt, das letzte Mal Überraschungsgast war ich wahrscheinlich so in der Grundschule beim Klingeln irgendwie bei Freundinnen, wo man einfach mal so vorbeikommt.
00:06:20: Aber Überraschungsgast zu sein ist halt schon auch so eine Nummer, weil ja, ich hoffe, dass ich ... dass ich Freude bringen kann heute
00:06:29: Abend.
00:06:29: Ja, da bin ich mir total sicher, weil es ist wirklich abgefahren mit dir, dass du, obwohl du dich so sehr mit dem Thema Trauma beschäftigst, dass du einer der auch lustigsten und heitersten Menschen bist, die ich so kenne, obwohl du auch wie ich gerne Dunkel trägst.
00:06:46: Wie bewahrst du dir die gute Laune?
00:06:48: Sie ist meine Natur und indem ich mich um sie gut kümmere, glaube ich.
00:06:54: ist sie halt einfach da.
00:06:56: Und sie ist natürlich auch kontextbezogen da, also mit dir Zeit zu verbringen, erfreut halt mein Herz.
00:07:02: Und natürlich ist auch Humor oder eine frohe Natur auch in meinem Beruf sehr von Vorteil, weil sie auch ein bisschen sowas wie Zuversicht beinhaltet oder die Fähigkeit, das Positive im Düsteren irgendwo aufzustöbern.
00:07:19: und ja.
00:07:21: Das wäre jetzt mal so eine Art von Antwort darauf.
00:07:23: Wir gucken mal, wie halter wir heute noch werden.
00:07:26: Lass uns einmal für den Anfang, wir haben das damals in der Folge auch ein bisschen besprochen.
00:07:31: Ich glaube, so ein Begriff wie Trauma, also nach meinem Empfinden, vielleicht geht es euch ähnlich, irgendwie sind alle die ganze Zeit traumatisiert.
00:07:40: Und ich lese das ständig.
00:07:42: Irgendjemand ist traumatisiert.
00:07:44: Und ab wann würdest du sagen, stimmt es, wenn man das so sagen kann?
00:07:50: Also erst mal kann man sagen, dass tatsächlich Trauma ein Spektrum darstellt oder Trauma folgen, die liegen auf einem großen Spektrum.
00:07:58: Und deswegen trifft dieser Begriff vielleicht auf mehr Menschen zu, als man erst mal denkt.
00:08:04: Aber dass wir alle traumatisiert sind, ist eine Aussage, der ich nicht zustimme, auch aus dem fachlichen Blickwinkel.
00:08:11: Und wenn du jetzt fragst, wann stimmt das, dass man sagen kann, jemand ist traumatisiert, dann gibt es schon ganz klare Kriterien, nach denen man das schauen kann.
00:08:22: Also zum einen schaut man natürlich, und das kann schon eine komplexe Suche sein, gibt es Ereignisse, singuläre Ereignisse oder auch Phasen im Leben, vielleicht auch in der Kindheit, die hohen Stress ausgedöst haben.
00:08:36: die massiven Stress ausgelöst haben und die so stressreich waren, dass sie die eigene Bewältigungsfähigkeit übertroffen haben, also dass man sich dem Ereignis oder der Situation aufs äußerste Unterlegen gefühlt hat, ohnmächtig und hilflos.
00:08:53: Und dann kommt noch hinzu, dass man im weiteren Verlauf eben auch nicht die Möglichkeit hatte es zu verarbeiten.
00:09:01: Also, dass es Stress auslöst, die Bewältigungsmöglichkeiten überfordert, übersteigt und die Verarbeitungsmöglichkeiten übersteigt.
00:09:09: Und dann entwickeln sich Symptome und die befinden sich auf einem großen Spektrum.
00:09:13: Weswegen auch manchmal Leute vielleicht ein bisschen leichtfertig sagen, sie sind traumatisiert, weil sie vielleicht eine Schlafstörung haben.
00:09:20: Aber es müssen schon einige Symptome vorliegen, damit man jetzt zum Beispiel eine Diagnose fällen
00:09:25: kann.
00:09:26: Warum hast du dich so diesem Thema verschrieben?
00:09:29: Also warum ist das für dich schon, also du machst das jetzt schon viele, viele, viele Jahre.
00:09:33: Ich über zwanzig Jahre würde ich sagen.
00:09:35: Ja, zwanzig Jahre.
00:09:36: Wir haben heute festgestellt, dass wir beide fünfundvierzig sind.
00:09:38: Ich schon sechsundvierzig.
00:09:39: Ah, du bist schon sechsundvierzig,
00:09:40: als habe ich wieder
00:09:41: vergessen.
00:09:41: Verdammt.
00:09:42: Okay.
00:09:43: Warum, warum so sehr diesem Thema?
00:09:45: Und vor allen Dingen auch Trauma und Beziehung.
00:09:48: Ja.
00:09:48: Also, ich bin seit zwanzig Jahren Therapeutin oder hab mich da auf den Weg, Begeben Therapeutin zu sein, da muss man ja auch ein bisschen was lernen für.
00:09:56: Und hab nach einer Weile immer wieder mal das Gefühl gehabt, es gibt noch etwas, was aber so schwer zu greifen ist.
00:10:04: Ich sag's mal ganz, ja, ein bisschen metaphorisch formuliert, dass sich Menschen manchmal nicht habe greifen können.
00:10:13: Ich konnte nicht greifen, was, was ist da?
00:10:16: Weil's so in der Praxis?
00:10:17: In der Praxis, im Gespräch, in der Therapie.
00:10:20: Und ich hab dann durch Zufall sozusagen einen Vortrag über Traumavollgestörung gehört.
00:10:27: Und auch über die Entstehung von Trauma.
00:10:29: Und ich saß da und hatte so diese Erkenntniskaskaden.
00:10:32: Wenn man so das Gefühl hat, es gehen ein Kronleuchter auf und das ist ein Aha-Spektakel.
00:10:38: Und da hatte ich das Gefühl, hier liegen die Schlüssel für diese Momente, in denen ich fühle.
00:10:44: Da ist was, aber ich hab keine ... kein Anknüpfungspunkt oder auch keine Erklärung dafür.
00:10:51: Und deswegen bezeichne ich auch heute gerne noch dieses Wissen über Trauma als Puzzleteil, was fehlt oder als Missing Link.
00:10:58: Ja, und da bin ich dann halt geblieben.
00:11:00: Also, dass es einfach ein Gebiet, was auch hochspannend ist, was sich sehr weiterentwickelt und wo es ganz viel zu entdecken gibt.
00:11:08: Du bildest heute ganz, ganz viele Therapeutinnen und Therapeutinnen aus.
00:11:12: Das ist wahrscheinlich eines deiner Hauptsachen, die du jetzt gerade machst.
00:11:17: gibt es ein wiederkehrendes Missverständnis, was Menschen darüber haben, wo du merkst, eigentlich ist das, das kommt immer wieder vor.
00:11:26: Also erst mal zur Richtigstellung, ich bilde Coaches aus.
00:11:30: Ja, genau.
00:11:30: Also jenes als das therapeutischen Rahmens, damit eben diese Menschen befähigt sind, auch außerhalb des therapeutischen Rahmens Menschen Trauma sensibel zu begleiten.
00:11:40: Das so für die, für den richtigen Rahmen.
00:11:43: Ich glaube, es gibt schon einige Missverständnisse.
00:11:45: Also ein Missverständnis, was mir sehr häufig begegnet ist, dieses alle Menschen sind traumatisiert.
00:11:51: Das,
00:11:51: was ich auch hatte.
00:11:53: Ja, was auch... irgendwie naheliegend klingt.
00:11:58: Wenn man etwas über Trauma weiß, dann denkt man, man sieht es überall.
00:12:03: Wie wenn man einen Kinderwunsch hat, sieht man überall die Schwangeren.
00:12:07: Wenn man sich als Leidender Single fühlt, sieht man überall nur Paare.
00:12:10: Also wenn man sich mit Trauma beschäftigt, sieht man vielleicht überall nur Trauma.
00:12:15: Und dieses Missverständnis finde ich ein bisschen verhängnisvoll, weil es zwar zum einen sehr hilfreich ist, wenn wir diesen Begriff nicht nur ganz eng im uhrdiagnostischen Sinne sehen, der sich auch weiterentwickelt hat, sondern wenn wir den Begriff mit dem Spektrum sehen.
00:12:36: Aber das Missverständnis übersieht unsere residente Natur.
00:12:42: Traumafolgestörungen oder Traumafolgesymptome sind Ausdruck von Stressverarbeitungsproblemen.
00:12:50: Also wir leiden unter Stress, den wir nicht verarbeiten können oder bisher nicht verarbeiten konnten.
00:12:56: Und wir sind aber als Menschen mit gewissen Stressreaktionen ausgerüstet.
00:13:01: Die sind instinktiv und autonom, also in unserem autonomen Nervensystem vorhanden.
00:13:06: Und das übersehen wir dann häufig.
00:13:10: im Ur-Sinne unseres Menschseins ganz viele gute Antworten auf Stress haben und dass Stress nur dann traumatisch wird, wenn eben die Kriterien, die ich vorhin genannt habe, erfüllt sind.
00:13:23: Und deswegen finde ich diese Sichtweise streitbar.
00:13:27: Man kann natürlich auch sagen, vielleicht kommen wir da heute Abend noch vorbei, dass auch der Begriff kollektives Trauma oder transgenerationales Trauma eine Rolle spielen kann.
00:13:36: Und dann könnte man Also würde ich vielleicht nicht auch hinreißen, das und dazu zu sagen, ja, wir haben alle auch mit Trauma zu tun.
00:13:47: Aber traumatisiert würde ich sagen, im korrekten Sinne kann man sagen, wenn man wirklich Traumafolge, Störungen oder Traumafolge-Syptome trägt.
00:13:57: Du hast gerade gesagt, das ist im Grunde eine Stresssituation, also das ist der Ursprung.
00:14:03: Und ist das richtig in der Annahme, dass irgendwann im Laufe des Lebens und wahrscheinlich oftmals in der Kindheit eine Stresssituation passiert und dann später im Verlauf des Lebens kommen weitere Stresssituationen dazu?
00:14:17: Wir sind alle aufgewachsen mit, was du sagst, Reaktionen.
00:14:21: Also wir können resilient darauf reagieren, aber irgendwann ist es zu viel.
00:14:26: Und dann fängt es an, uns zu belasten.
00:14:28: Auch das gibt es.
00:14:29: Das sind sogenannte Mikrotraumatisierungen, die sich kumulieren, die sich wie so aufstapeln und die kostspielig sind.
00:14:37: Die sind wie so eine innere Last, die wir mit uns tragen und die immer etwas Kraft zieht, die wir dann irgendwann im Alltag nicht mehr haben, auch für die Stresssituation, die dann vielleicht kommen.
00:14:52: Und es gibt auch die tatsächlich häufig die Situation, dass Menschen eben früh in ihrem Leben traumatische Prägungen erfahren, also Hochstresserlebnisse haben, zum Beispiel durch ihr Elternhaus und die Bindungspersonen und sehr gute Anpassungsleistungen hervorbringen und das hervorragend kompensieren, ihren Charakter, ihre Persönlichkeit so um den Stress herumbilden.
00:15:19: und dann aber irgendwann im Leben Wenn andere Belastungen dazu kommen, beispielsweise eine Lebensveränderung des Ereignisses, es kommen Kinder auf die Welt oder es ziehen Kinder aus oder man geht in den Ruhestand oder es man hat erlebt eine Trennung, dann, dass es dann zur sogenannten Decompensation kommt.
00:15:39: Also, dass die Kompensation nicht mehr ... geht, weil die Kraft dafür verloren geht oder aufgebraucht ist und dann dekompensiert man.
00:15:49: Was bedeutet das?
00:15:50: all das, was vorher in der Kompensation verdeckigt war, in irgendeiner Form einen überflutet?
00:15:58: Dann kommen schlimme Symptome zum Vorschein.
00:16:01: Manche Leute kriegen eine Diagnose, dass sie einen Burnout haben.
00:16:05: Manche Menschen entwickeln depressive Symptome.
00:16:08: Und wenn man gegebenenfalls etwas tiefer forscht, dann kommt man dann in der weiteren therapeutischen Begleitung häufig darauf, dass schon eine Menge Lust vorher im Leben getragen wurde, aber nie einen Platz bekommen hat im Bewusstsein und im eigenen Inneren.
00:16:25: Nun würde ich sagen, dass Stress ja etwas ist, was jeder und jeder anders definiert.
00:16:29: Also für einen ist es stressig auf einer Bühne zu sitzen und für den anderen Person nicht.
00:16:34: Für die einen ist ein Zehn-Stunden-Tag am Computer super stressig und für die anderen die sagen, was?
00:16:40: Nur ein halber Tag heute.
00:16:43: Wie verhält sich das mit einer traumatischen Stresssituation?
00:16:47: Ist das auch eine Ermessensfrage, ein eigenes Gefühl?
00:16:50: Also für jeden und jeder ist ja Stress was anderes eigentlich, würde ich denken.
00:16:54: Ja, ich glaube, die Bewertungen sind sehr unterschiedlich, wie du es gerade beschrieben hast und auch der Mensch als Gewohnheitstier und super anpassungsfähig und auch Kompensations begabt.
00:17:04: Der kann schon eine Menge Stress auch wegdeckeln und ist hoch gestresst, aber würde sagen, er ist es nicht.
00:17:11: Womit ich letztlich sagen möchte, Stress ist einerseits eine Ermessenssache oder Bewertungssache, aber andererseits neurobiologisch eine eindeutige Sache.
00:17:20: Also Stress ist ... sehr vereinfacht gesagt gut messbar anhand von Neurotransmitterprofil beispielsweise.
00:17:29: Aber
00:17:29: es ist nicht.
00:17:30: sozusagen, wenn wir uns beide jetzt messen würden und hätten wir dann ein ähnliches Stresslevel?
00:17:38: Das ist möglich.
00:17:40: Es wäre jetzt interessant.
00:17:41: Es könnte sein, dass es sehr unterschiedlich ist, aber es wäre wahrscheinlich bei uns beiden so, dass wir ein gewisses Stressniveau hätten.
00:17:48: dass unser Nervensystem also uns die Möglichkeit gibt, Energie zu mobilisieren.
00:17:53: Während wir ruhig sitzen, haben wir genug Energie mobilisiert, dass wir konzentriert miteinander sprechen können.
00:18:00: Wir haben genug Wachheit sozusagen durch die Aktivierung unseres Nervensystems und wir haben gleichzeitig auch so eine Bremse der Aktivierung.
00:18:09: in unserem Nervensystem.
00:18:11: Die hat viel mit dem Vargusystem zu tun und die sorgt dann letztlich dafür, dass wir einander anschauen können und so, ich sag mal, lesen und wahrnehmen können, ist das gerade ein freundlicher Blick.
00:18:24: Ja, wie geht's dem Matze gerade?
00:18:27: Nicht das auf jeden Fall hell genug hier oben.
00:18:31: Genau.
00:18:32: Das heißt, wir haben ein gewisses Stressniveau, wahrscheinlich beide aktiviert, was aber von unserem autonomen Nervensystem so gebahnt ist, dass es der Situation dient.
00:18:43: Und wenn wir jetzt zum Beispiel andere Vorerfahrungen hätten, wenn jetzt so was wie im Rampenlicht stehen, für dich oder mich mit ganz viel Beschämung verkoppelt wäre im Innern, weil man uns früher bloß gestellt hätte oder wir ausgedacht worden wären, dann könnte es sein, dass mehr Stress, also mehr Mobilisierung im Inneren aktiviert wird, was dann bedeuten würde, wir müssten mehr kontrollieren unter Umständen.
00:19:11: Dann würde es uns vielleicht nach einer halben Stunde schwer fallen, uns zu konzentrieren.
00:19:15: Oder wir wären nach diesem Gespräch völlig am Ende?
00:19:22: Oder hätten vielleicht morgen eine Grippe?
00:19:24: Ja, also es würde uns sehr viel mehr kosten, als wenn wir hier so, wie man das dann ausdrücken würde, reguliert miteinander sprechen.
00:19:31: Aber Stress als solches ist natürlicher Zustand.
00:19:35: Ist ein Zustand, der autonom reguliert wird, je nach Situation, kontextabhängig und je nach Vorprägung eben Ja, regulierter ist oder dann eben so schwerwiegend, dass wir kompensieren müssen.
00:19:50: Wenn ich das richtig erst verstanden habe, es ist schon, also das Empfinden ist subjektiv, aber man kann es eigentlich objektiv sogar messen.
00:19:58: Ich würde sagen, ja, also das wäre jetzt interessant, auch nochmal Menschen zu fragen, die sich mit den Messmethoden richtig gut auskennen.
00:20:05: Aber es gibt Neurotransmitter, Stressprofile, wo man gewisse Dinge messen kann.
00:20:11: die auch etwas über Langzeitstress zum Beispiel aussagen.
00:20:14: Und mit gewissen Neurofeedback-Methoden kann man auch gegenwärtigen Stress sehr gut messen.
00:20:20: Das machen wir beim nächsten Mal, würde ich sagen.
00:20:22: Live.
00:20:24: Wie hängen Trauma und Beziehung zusammen?
00:20:27: Weil das ist ja, ne, das steht ja bei dir direkt nebeneinander und dann denkt man sofort, oh Gott, bin ich in einer traumatisierten Beziehung.
00:20:34: Ja.
00:20:35: Also ich glaube, die
00:20:36: Sachen nicht ja.
00:20:38: Nein, ich meine ja.
00:20:38: Ich verstehe, was du sagst.
00:20:41: Das war gut.
00:20:42: Ja, ich verstehe.
00:20:45: Warum Trauma und Beziehungen?
00:20:47: Das ist für mich aus meiner Perspektive, als jemand, der mit vielen Menschen gesprochen hat und sich mit Trauma intensiv beschäftigt, nicht zu trennen.
00:20:56: Und zwar im Grunde aus der einfachen Haltung heraus, dass im Leben nichts jenseits von Beziehungen passiert.
00:21:04: Also wir haben eine Beziehung zu unserem Körper.
00:21:06: Wir haben eine Beziehung zu unserer Vergangenheit.
00:21:09: Wir haben eine Beziehung zu Menschen, die wir gut kennen, zu Menschen, die wir oberflächlich erkennen.
00:21:13: Wir gehen im Grunde ständig mit der Welt und dem, was uns umgibt in Beziehung.
00:21:20: Und auf der Beziehungsebene, da zeigt sich das, was in unserem inneren, wie soll ich das sagen, was an Anpassungen geschehen ist, zeigt sich in Beziehung sehr deutlich.
00:21:34: Und dementsprechend eben auch entweder unsere unverstellte Persönlichkeit oder eben unsere angepasste Persönlichkeit.
00:21:44: Also, ich glaube, wie viele Leute von euch sind in einer Beziehung?
00:21:48: Könnt ihr mal kurz den Arm heben?
00:21:51: Oh, doch viele, ne?
00:21:52: Ja.
00:21:54: Ist das die Hälfte?
00:21:56: Verena, was würdest du sagen?
00:21:57: Ich würde
00:21:57: sagen, mindestens die Hälfte.
00:21:59: Mindestens die Hälfte.
00:22:00: Es kann natürlich sein, dass man nicht im Menschen zwei Arme hochgehoben haben.
00:22:04: Aber mindestens die Hälfte.
00:22:05: Okay.
00:22:08: Wie ist das mit der... Also vielen Dank für das Licht.
00:22:10: Jetzt bin ich zu so geplantet.
00:22:12: Das ist zu stressig für mich.
00:22:14: Wie ist das?
00:22:15: Also wir haben gerade über die subjektive und objektive Einschätzung von Stress gesprochen.
00:22:21: Das ist jetzt eine harte Frage.
00:22:22: Ich frag für einen Freund.
00:22:25: Kann man denn auch subjektiv und objektiv sagen, messen, ob man in einer guten Beziehung ist?
00:22:33: Das ist eine sehr gute Frage.
00:22:36: Ich muss mal kurz darüber nachdenken.
00:22:39: Also anhand von einem Stressprofil glaube ich nicht, weil der Stress, den ich jetzt in mir trage, der hat ja nicht unbedingt nur mit dem Verhalten meines Gegenübers zu tun, sondern ganz viel mit meinem Bewertungssystem innerlich.
00:22:55: Also es kann vielleicht sein, dass ich in einer guten Beziehung bin mit jemandem, der mir Nähe schenken will, auf eine sichere... rein herzige Art und Weise.
00:23:04: Und ich habe aber ambivalente Erfahrungen mit Nähe gemacht.
00:23:10: Und dann kann es sein, dass das in mir Stress auslöst, dass Gute in mir Stress auslöst.
00:23:15: Das ist auch was, was viele Menschen mit Trauma-Folgen sehr belastet, dass sie das gute Schwer annehmen können, was sie sich vielleicht lange gewünscht haben.
00:23:21: Und sie merken, sie können es aber gar nicht wirklich in sich einlassen.
00:23:26: Das heißt, sie sind in einer Beziehung und eigentlich ist alles gut.
00:23:31: Unter Umständen, ja.
00:23:32: Und dann trotzdem funktioniert es nicht.
00:23:34: Trotzdem ist es schwer.
00:23:35: Trotzdem ist es vielleicht verunsichert.
00:23:38: Trotzdem berührt es alte Wunden.
00:23:42: Es gibt oft die Idee, ich glaube, eine sehr menschliche Idee, dass wir Wunden heilen oder von inneren Schmerz wegkommen, wenn wir uns dem Guten zuwenden und dem Guten eingebettet sind.
00:23:58: Und das ist ja auch ein Heilungselexier, im Guten eingebettet zu sein, in Sicherheit zu sein und nicht mehr dem Stress oder dem Schmerz ausgesetzt zu sein.
00:24:08: Aber es braucht in gewissen Kontexten oder unter gewissen Umständen schon eine Aufarbeitung.
00:24:16: Und deswegen wird es manchmal zum Trugschluss, wenn man denkt, sofern ich das hinter mir lasse.
00:24:22: zum Beispiel entschiedener Weise, indem ich mich den guten, dem, was ich mir wünsche, zuwende.
00:24:27: Das führt manchmal zum Druckschluss, weil man genau dann bemerkt, jetzt kommt aber das nicht gefühlte erst recht zum Vorschein, weil das hier vielleicht auch einen Platz haben kann, weil ich hier sicher bin.
00:24:38: Gerade jetzt, weil es jetzt gut ist, kommt es dann hoch.
00:24:41: Genau.
00:24:42: Wir haben beim letzten Mal, haben wir ganz viel über Beziehung auch gesprochen.
00:24:47: Wir hatten, ich hab von AIDA und... Konstantin und Konstantin.
00:24:53: Die habe ich in dem Moment mir vorgestellt und habe mir die vorgestellt als erst waren sie Singles, dann sind sie zusammengekommen und es war ein Hü und Hort und eigentlich war Konstantin schon meistens der Arsch, kann man so sagen.
00:25:07: Und jetzt ist es so, jetzt bin ich schon ziemlich lange in der Beziehung.
00:25:12: Du auch, soweit ich das beobachten konnte heute.
00:25:21: War jetzt ein komischer Satz, ne?
00:25:27: Ja, ich weiß es nicht mehr, wie lange ich verheiratet bin, aber ich bin verheiratet.
00:25:33: Und deswegen würde ich heute gerne noch mal ein bisschen mehr, also das haben wir bei unserem ersten Gespräch, wie ich nicht gemacht, in Beziehung reingucken, die vielleicht schon ein bisschen länger sind.
00:25:43: Und weil da, ich kenne zumindest auch das, also... Das darf ich, glaube ich, erzählen.
00:25:50: Ich meine schon, dass ich meine Frau ganz gut kenne.
00:25:54: Und dann passieren aber Sachen, wo ich denke,
00:25:57: was?
00:25:58: Warum macht sie denn das jetzt?
00:26:00: Und das ist einerseits natürlich schön und wahnsinnig aufregend.
00:26:08: Und manchmal auch nicht.
00:26:09: Manchmal Stress.
00:26:10: Manchmal nervt es einfach.
00:26:11: Oder nervt.
00:26:12: Das schneidet mal raus.
00:26:15: Es ist immer schön.
00:26:16: Stefanie.
00:26:18: Aber manchmal ist es nicht ganz so schön.
00:26:22: Wie kommt das, dass sich auch selbst, also ich denke ja so, es gibt Beziehungsphasen, wir gehen direkt weg von Stefanie und mir.
00:26:31: Wir stellen uns vor Konstantin, super Typ, Eider auch super.
00:26:35: Wir sind zusammen der ganze Weile, haben diesen ganzen Scheiß, am Anfang, er wollte sich nicht binden.
00:26:42: Sie hat sich zu viel involviert, ist dann aber auch unsicher geworden.
00:26:48: Dann nochmal mit jemand anderem probiert, wieder zusammengekommen.
00:26:52: Sind wir zusammen?
00:26:53: Nee, ja doch.
00:26:56: Und nach zehn Jahren.
00:26:57: Also ist alles gut.
00:26:59: Und dann fängt es wieder an, kompliziert zu werden.
00:27:02: Ist nicht bei mir so.
00:27:04: Aber ich kenne Leute, wo es so ist.
00:27:06: Bei Konstantin und Eider ist es so.
00:27:08: Was passiert da?
00:27:09: Was passiert bei langjährigen Beziehungen, dass es zwischen irgendwann nach dem zehnten, zwölften, zwanzigsten Jahr irgendwann passieren so Dinge, wo man denkt, ich kenne die andere Person nicht mehr?
00:27:23: Ich wünschte, ich hätte die Weis halt mit Löffeln gefressen.
00:27:25: Ich wünschte das jetzt auch.
00:27:28: Also ich kann ja mal ein bisschen aus meiner Praxis erzählen und aus den Erfahrungen, die ich auch mit Paaren gemacht habe und natürlich aus den Rückschlüssen, die ich so ziehe aus der fachlichen Perspektive.
00:27:38: Ich glaube, das ist... Ein Tuckschuss, wieder mal, ist vielleicht ein Wort heute Abend, was sich häuft, sein kann, dass wir einander wirklich kennen.
00:27:52: So.
00:27:54: Was, glaube ich, gar nicht schlimm ist, sondern wenn es uns gelingt, das wahrzunehmen, dann kann es bzw.
00:28:04: lebendig halten.
00:28:05: Also was ich beobachte in der Praxis, was viele Paartherapeuten und Paartherapeuten beobachten, ist, dass Menschen in die Beratung oder Therapie kommen und lange zusammen sind.
00:28:15: Also da spreche ich jetzt von den Langzeitpaaren und es gibt ein ganz starkes Niveau an, genervt sein voneinander und von dem tiefen Gefühl nicht gesehen oder verstanden zu werden.
00:28:29: Und das widerspricht ja dem, wir kennen uns ziemlich deutlich.
00:28:34: Also, wenn wir uns gut kennen und aber gleichzeitig nicht verstehen, dann ist da irgendwo was verrutscht.
00:28:40: Und es ist, glaube ich so, dass es sind ganz viele Faktoren in der Frage, die du gerade angesprochen hast.
00:28:46: Ich glaube, es ist erstens so, dass wir uns kennenlernen in einer gewissen Lebensphase und dass wir ganz unwillkürlich, ganz natürlicherweise die Menschen, die wir kennenlernen und auch ein Lebenspartner oder eine Partnerin, die wir kennenlernen, letztlich anhand von ganz vielen Referenzen kennenlernen.
00:29:05: Also, der Konstantin ist ähnlich wie die Personen, die ich damals kennengelernt habe oder wie mein Vater.
00:29:16: Also, wir haben viele Referenzen zu verschiedenen Personen in unserer Biografie, die beim Kennenlernen eine gewisse Rolle spielen.
00:29:24: die docken an auf eine Art und Weise, in einer Art, würde ich sagen, ganz unbewussten Erwartungshaltung.
00:29:30: Ich dampf es jetzt mal ganz einfach runter, wenn wir beispielsweise gelernt haben, wir sind in Beziehung nicht sicher, wir haben vielleicht in einem Familienumfeld gelebt, wo wir Dauerstress erfahren haben und nicht geborgen und behütet aufgewachsen sind, dann formt sich in uns ein Menschenbild, was zum Beispiel so lauten könnte, Menschen sind nicht vertrauenswürdig.
00:29:52: Menschen können freundlich wirken, aber doch mir nicht wohlgesonnen sein oder sogar gefährlich sein.
00:29:59: Das wäre dann so was wie eine Blaupause in unserem Inneren, die wir in der Begegnung mit neuen Menschen unwillkürlich unbewusst im Gepäck haben, wie ein Filter vielleicht, wie eine Brille, die wir aufhaben.
00:30:12: Und es passiert wohl unbewusst, dass wir dann auch manchmal Lücken füllen.
00:30:19: in einer Beziehung, also wenn ich dich jetzt kennenlerne, dann bildet sich langsam ein Bild von Matze und das, was ich von dir noch nicht weiß, also was ich noch nicht einschätzen kann, fülle ich mit Erfahrungswerten unbewusst.
00:30:34: Also ich habe dann so Hypothesen vielleicht über dich oder ich habe eine Idee, wie du reagieren würdest auf irgendeine Handlung von mir.
00:30:44: Und ist das was Ideales oder kann das auch was... nicht Ideales sein.
00:30:50: Ich würde sagen je nach innerer Struktur oder nach innerem Bild.
00:30:55: Also es gibt Menschen, die zur generellen Idealisierung neigen, die immer Vertrauen schenken, vertrauensselig sind, vielleicht deswegen auch immer wieder mal in schwierige Situationen tappen.
00:31:07: Und es gibt Menschen, die generell eher misstrauischer sind, die eher nicht idealisieren, sondern eher argwönig sind.
00:31:14: Und so, also je nach dieser Erfahrung Fülle ich dann diese Leerstellen?
00:31:22: Ja, das
00:31:23: ist
00:31:23: meine Erfahrung.
00:31:23: Okay, also das heißt, ich nehme dich so und so wahr und dann habe ich im Kopf unbewusst, läuft dann ab.
00:31:29: Ach so, sie trägt keinen Schwarz.
00:31:32: Ich habe diese Erfahrung gemacht mit Personen, die Schwarz tragen.
00:31:37: So, genau.
00:31:38: Ganz einfach gesagt, könnte man es so ausdrücken.
00:31:41: Und diese Lücken zu füllen, das ist etwas, was uns auch passiert mit Menschen, wo wir glauben, wir kennen die richtig gut.
00:31:48: Also das heißt, wir haben dann einfach nur, also das, was man dann Annahme nennt, wir sind uns eigentlich sicher, sie mag bestimmte Dinge.
00:32:00: Ja.
00:32:00: Einfach mal so.
00:32:03: Unverfänglich.
00:32:04: Unverfänglich.
00:32:06: Ich meine, sie mag schöne Handtaschen.
00:32:10: Aber das kann einfach sein, das ist gar nicht so.
00:32:12: Es ist einfach nur ein Auffüllen von, weil ich andere Personen kennengelernt habe, die so und so sind.
00:32:17: Oder man denkt, du guck, du guck,
00:32:20: du guck.
00:32:21: Ich überlege gerade, ob
00:32:22: das funktioniert
00:32:23: mit Handtaschen.
00:32:24: Nee,
00:32:24: ich glaube nicht.
00:32:25: Vielleicht in einzelnen Felden.
00:32:28: Ja.
00:32:29: Vielleicht eher so...
00:32:30: Er ist so kinderlieb.
00:32:32: Der will bestimmt Kinder haben.
00:32:34: Ja, das ist, glaube ich, ein noch geeigneteres Beispiel.
00:32:37: Ja, genau.
00:32:37: Er ist so kinderlieb, er will bestimmt Kinder haben.
00:32:40: Ist also mein Traumpartner.
00:32:43: So, sagt man mit neunzehn.
00:32:45: Und dann kommt die Kinder Wunschzeit und dann kommt ein Thema zum Vorschein.
00:32:51: Zum Beispiel, oder vielleicht ist es auch, manchmal ist es gar nicht so groß, sondern es sind manchmal so... Solche Situationen im Alltag, wo wir nicht mehr neugierig sind, weil wir denken, wir kennen den anderen.
00:33:05: Also, ich habe diese Idee von dem Lückenfüllen bestätigt, gesehen, bei ein paar Therapeuten aus den USA, der Stan Tetkin heißt der, und der nennt das Automising your partner.
00:33:19: Man automatisiert seinen Partner.
00:33:22: Man funktioniert irgendwie so zusammen und man sitzt morgens mit seinen Ritualen am Küchentisch und ist irgendwie so eingegrooft, aber irgendwie auch so ein bisschen eingesunken in dem Sessel, in dem man sich's gemütlich macht und ganz viele.
00:33:38: Menschen sagen auch, wenn sie zum Beispiel in Krisensituationen geraten, wenn zum Beispiel ein Paar auf einer Reise eine Autopanne in der Wüste hat und wirklich so eine außergewöhnliche Stresssituation, dass sie ganz neue Seiten an ihrem Partner plötzlich entdecken.
00:33:56: Oder auf die Wiesen.
00:33:58: Auf den Wiesen, ja.
00:34:00: Manchmal sind es dann auch Seiten, auf die hätte man verzichten können.
00:34:03: Ja, aber ganz oft ist man dann überrascht, wenn man in einer Situation gerede außerhalb der eingepupsten Norm sozusagen, also man sagt hier so schön den eingepupsten
00:34:14: Set.
00:34:14: Ich finde es schön, dass du Pupsen sagst.
00:34:16: Ich wusste, es wird heiter.
00:34:16: Das wissen
00:34:17: wir schon die ganzen Zeit im Sinn, seit ich über das gemütliche Gespräch gesprochen habe.
00:34:23: Ja, so in der ... Gemütlichkeit.
00:34:25: Genau.
00:34:26: Ja, und dann passiert es manchmal, dass man den anderen nicht mehr wahrnimmt.
00:34:29: Und auch noch ein Aspekt, den du erwähnt hast, das sage ich noch ganz kurz dazu, bevor deinen Atem holen, dann vielleicht weiterführt.
00:34:42: Es ist ja auch so in Langzeitbeziehung, dass man durch verschiedene persönliche Entwicklungsphasen geht.
00:34:47: Also, mein Mann habe ich kennengelernt, als ich fünfundzwanzig Jahre alt war.
00:34:52: Vor zwanzig, also bald einundzwanzig Jahren.
00:34:56: Vielleicht ist er heute hier.
00:34:59: Vielleicht
00:34:59: ist möglicherweise.
00:35:01: Und es wäre ja schön.
00:35:04: Genau.
00:35:05: Und da war ich ja natürlich irgendwie ein anderer Mensch als heute.
00:35:09: Also, wenn ich zurückblicke, wie ich damals mich und die Welt und das Leben betrachtet habe, dann sind da grundlegende Dinge geblieben.
00:35:18: Aber ich würde heute Dinge anders bewerten.
00:35:21: auch andere Interessen, andere Bedürfnisse und habe natürlich eine persönliche Entwicklung in der Zeit auch erlebt.
00:35:30: Und ich glaube, dass es da eben, wenn man durch verschiedene Entwicklungsphasen geht, sehr gefährlich sein kann, wenn man einander automatisiert und dann vielleicht sowas sagt wie ja, dass die mal machen und die Phase geht vorbei oder es braucht Erhalt oder so, weil man dann sich voneinander entfernt unter Umständen und das Potenzial, was vielleicht eine schöne sichere Bindung dann haben kann, nicht genutzt wird.
00:35:59: Und dieses, also dass ich die andere Person nicht mehr erkenne oder so überrascht bin, das ist also im Grunde eine Mischung aus, ich habe sowieso irgendwas reinpoliziert, was gar nicht stimmt und das fällt mir jetzt auf irgendwann.
00:36:15: Und dann kann vielleicht noch dazu kommen, dass die Person sich wirklich verändert, aber man so automatisiert ist, dass man gar nicht mehr genau hinguckt.
00:36:22: Ja, ich würde sagen, das ist hervorragend auf den Punkt gebracht.
00:36:30: Das kann auch mehr Applaus sein.
00:36:33: Meine Güte.
00:36:37: Vielen Dank.
00:36:39: Würdest du sagen, dass das die größte, also wiederkernste Problematik zwischen Tarn ist?
00:36:45: genau dieses nach langzeit also in langzeitbeziehung dieses also man hat das ja manchmal das leute lange zusammen sind und plötzlich gehen die auseinander und man denkt so wie kann das denn passieren?
00:36:56: oder der andere trifft komplett in eine andere richtung ab.
00:36:58: würdest du sagen dass dies diese kombination das häufigste ist oder gibt es noch andere Sachen auf die man sich wenn man länger als zehn jahre ist auf die man sich einstellen sollte aus deiner perspektive.
00:37:13: Also ich habe ja so ein bisschen eine verdorbene Sicht als Therapeutin, weil ja zu mir die Leute kommen, die wirklich Probleme haben und erkennen und die lösen wollen und deswegen kann ich jetzt eher vor allem von den Leuten sprechen, die eben Krisen erleben und die Probleme haben, die sie gerne überwinden wollen und habe also nicht anders gesagt.
00:37:37: muss mich schon auf umschauen in der Welt um zum Beispiel Paare zu sehen, die lange Zeit miteinander glücklich sind.
00:37:44: Ah, du musst die auch richtig suchen.
00:37:45: Ich muss
00:37:45: die teilweise auch suchen.
00:37:47: Ja,
00:37:48: so.
00:37:50: Da gibt es keinen Applaus für.
00:37:53: Ja, für Ehrlichkeit oder harte Wahrheit gibt es selten Applaus.
00:37:58: Aber eben, ich sage ja, es ist ein vielleicht verstellter Blick.
00:38:01: Deswegen, das möchte ich für den Kontext einfach zeigen.
00:38:04: Ich spreche eben aus dem Blickwinkel, derjenigen, die Probleme und Schmerz Tag für Tag dargeboten bekommt.
00:38:11: Und jemand, der über Glück forscht oder über glückliche Beziehungen forscht, der würde wahrscheinlich vielleicht anderer Aspekte jetzt auf diese Fragen reinbringen.
00:38:20: Das ist so für den Kontext.
00:38:25: dass man kein falsches Bild vielleicht mitnimmt von Problemen.
00:38:29: Ich spreche von dem Problem, die mir Menschen zeigen, die so massiv sind, dass sie eben auch in ihren Langzeitbeziehungen das Gefühl haben, sie können alleine das nicht mehr lösen.
00:38:41: Und deine Frage ging ja jetzt so in die Richtung, was ist so das?
00:38:44: Häufigste Problem, was man jetzt in meiner Position zum Beispiel sehen kann?
00:38:49: Ich glaube, es gibt ja so manchmal, dass man denkt, das ist nur bei mir so oder das ist nur bei uns so.
00:38:55: Und deswegen frage ich da auch so nach, einfach um so ein bisschen so, okay, das ist normal, würde ich jetzt gar nicht unbedingt sagen, weil es gibt es wahrscheinlich eh nicht.
00:39:02: Aber diese, dass man, also das kenne ich, sobald ich irgendwie über irgendwas rede, melden sich bei mir ganz viele Leute oder Freunde wie auch immer.
00:39:11: Ja, kenne ich auch.
00:39:11: Und man denkt ja die ganze Zeit, Es kennt niemand.
00:39:14: Ja, genau.
00:39:16: Also das ist ein Phänomen, wo ich kurz die Randnotiz gerne hier hinstellen möchte.
00:39:20: Jetzt ist gerade das schöne Klebeband, glaube ich, abgegangen.
00:39:24: Es ist immer mal gut, auch über Dinge zu reden, weil man dann eben merkt, man ist nicht allein.
00:39:30: Genau.
00:39:31: Also zu deiner Frage.
00:39:33: Ich glaube, dass es ganz, ganz häufig so ist, dass ein Problem, was entsteht, daraus... entsteht oder dadurch sich bildet, dass man zu wenig miteinander reflektiert.
00:39:47: Ich spreche meinem Buch beispielsweise von Beziehungsräumen und ich glaube, dass wir häufig den Moment verpassen, die Beziehung auch mal von außen zu reflektieren.
00:40:01: Also, so gesehen, du hast gerade beschrieben, manche Leute trennen sich und Das Umfeld denkt, wie kann jetzt das passieren?
00:40:09: Die sind doch eigentlich schon so lange zusammen.
00:40:11: Eigentlich ein paar weiß, was ich dachte, das lebt schön miteinander.
00:40:15: Das funktioniert gut miteinander.
00:40:18: Und es kann sein, dass man wunderbare Teamarbeit macht in einem Leben, aber dass man eben auf einer tieferen Bindung oder Beziehungsebene sich nicht mehr nah fühlt.
00:40:29: Und das hat viel damit zu tun, dass nach meiner Erfahrung Menschen ihre eine Mangelempfindung, ihre Defizite wahrnehmen in einer Beziehung, aber es nicht thematisieren, außer in einer Anklage.
00:40:45: Also es wird geklagt oder sich gestritten, aber es wird selten reflektiert, was unsere Dynamik ist.
00:40:53: Vielleicht bildlich gesprochen, da habe ich heute auch mit meinem Mann drüber gesprochen beim Frühstück.
00:40:58: Wir saßen nebeneinander.
00:41:00: und nicht gegenüber.
00:41:02: Und er ist von seinem Stuhl immer von gegenüber nach neben mich gekommen.
00:41:06: Und dann habe ich gesagt, das ist interessant.
00:41:07: Ich glaube, dass Paare am Anfang ganz oft gegenüber sitzen, weil sie nur einander sehen und dass Paare, die länger zusammen sind, sich nebeneinander setzen, um zusammen wohin zu schauen.
00:41:22: Und diese Qualitäten finde ich ganz... wesentlich in Beziehung die langfristig auch gut laufen, dass man die Position wechselt.
00:41:32: Wir schauen einander an und wir schauen zusammen wohin und wir schauen auch mal zusammen auf unsere Beziehung.
00:41:39: Und wenn es dann auch noch gelingt, dass man eigenverantwortlich sich selbst reflektiert, auch unter Umständen mit einer Biografie in der Trauma eine Rolle spielt, dann kann man sich auch in der Beziehung anders reflektieren.
00:41:55: weil man dann eben nicht mehr nur klagt oder in Vorwürfen vielleicht seinen Schmerz ausdrückt, sondern in Form von Fragen.
00:42:04: Was ist das bei uns?
00:42:07: Was ist das mit mir, dass ich so fühle?
00:42:11: Warum löst dein Verhalten in mir so ein Chaos, so ein Sturm aus?
00:42:17: Und das führt dann zueinander, statt voneinander weg.
00:42:21: der dann auch mal ganz plötzlich kommen kann, also dieser Sturm.
00:42:25: Und der kann ja dann wie genau so sein, dass man im Wiebegard nicht mehr weiß, was eigentlich los ist.
00:42:30: Ja, und das ist unter Umständen etwas Traumerspezifisches, dass es stürmisch daherkommt.
00:42:39: Wenn wir auch von Langzeitbeziehungen sprechen, in denen vieles lange gut gehalten war und dann kommen Stürme auf, dann kann es sein, dass vielleicht so eine Decompensation im Hintergrund eine Rolle spielt.
00:42:51: Du hast in deinem Buch auch von einem gemeinsamen Wert, also Erstellung eines Wertekodecks geschrieben.
00:42:58: Wie kann man sich vielleicht auch erstmal ein bisschen davor schützen vor dieser Automatisierung?
00:43:04: Also vielleicht, also dass man guckt, wie kann diese Lücke, die da irgendwie entsteht, wie kann ich die, also man kann ja nicht alles fragen am Anfang.
00:43:13: Aber was sind so Sachen, also die vielleicht wichtig für diesen Wertekodeck sind?
00:43:19: Ich glaube, dass es Das es sehr schön sein kann, sich neugierig darüber auszutauschen, was einem wichtig ist.
00:43:27: Ganz platt gesprochen, ganz pauschal.
00:43:30: Was ist dir wichtig im Leben?
00:43:32: How do you want to live?
00:43:34: Das ist so eine grundlegende Wertefrage.
00:43:38: Und die hat so maßgeblich viel mit unseren Beziehungen zu tun.
00:43:42: Also, wenn ich zum Beispiel jemand bin, der sagt, ich möchte ein Leben in maximaler Freiheit leben, ja, dann komme ich vielleicht, wenn ich da tiefer nachfrage, was bedeutet Freiheit für mich, dann komme ich vielleicht auf Werte, die mir gar nicht bewusst waren, die ich dann wieder, und da wird es jetzt wieder ein bisschen therapeutischer in Anführungszeichen, die ich dann auch kritisch hinterfragen darf.
00:44:05: Zum Beispiel bedeutet mein Bedürfnis nach Freiheit hinter dem Vorhang, dass ich Nähe vermeiden möchte, um mich sicher zu fühlen.
00:44:17: Also, einen gemeinsamen Wertekodex zu finden, ist im Laufe einer langenjährigen Beziehung ein Prozess, der unglaublich, glaube ich, bereichernd sein kann, weil er immer wieder ein Update verdient hat.
00:44:34: um eben der persönlichen Entwicklung gerecht zu werden, beziehungsweise um uns eben aufmerksam zu machen, auf Wert, die sich verändern, weil wir uns entwickeln.
00:44:44: War das jetzt kompliziert ausgedrückt?
00:44:45: Nee, ich hab's... das nachvollziehen können?
00:44:49: Ich, ja.
00:44:50: Also ich hab's verstanden.
00:44:51: Das ist schon mal... das ist die halbe Miete für dich, jedenfalls.
00:44:56: Gibt es also dieser Beziehungsraum, von dem du erst gesprochen hast?
00:44:59: Also... Das kennt ihr bestimmt auch alle.
00:45:03: Manchmal entwickelt man sich ja auch für sich selbst weiter und die andere Person nicht.
00:45:07: Also so gar nicht mal böse gemeint, sondern es ist einfach so, da gibt es manchmal so ein, das kann manchmal der Beruf sein, die Karriereleiter oder es kann ein neues Hobby sein oder irgendwo und dann rauscht man so davon in der Beziehung und die andere Person bleibt aber stehen.
00:45:25: Wie kann man es schaffen, sich dann wieder mitzuziehen.
00:45:29: Oder ist das eigentlich eine Wunschvorstellung, dass man immer zusammen weiterfährt und immer also diesen, was du erst erzählt hast.
00:45:39: Ich weiß das kennen das genauso.
00:45:40: Am Anfang guckt man sich immer an und es gibt ein wunderschönes Foto-Projekt.
00:45:45: Jetzt fällt mir auch der Namen nicht ein.
00:45:47: Da hat ein Mann seine Frau fotografiert über fünfzig Jahre und das gibt es als Foto-Buch.
00:45:56: Aber die traurige Wahrheit dieses Foto-Buchs ist, dass sie am Anfang ganz groß ist und am Ende, wo sie fünfzig Jahre zusammen sind, sieht man sie kaum noch auf den Fotos.
00:46:07: Wow, das ist ja ein bisschen unheimlich.
00:46:10: Und es war kein Kunstprojekt.
00:46:16: Also das Foto-Buch ist dadurch zustande gekommen, dass ein Mann Aus Amsterdam, so viel weiß ich zumindest, diese Fotos auf dem Flohmarkt gefunden hat und dann daraus dieses Buch gemacht hat.
00:46:29: Und das sagt ja auch was.
00:46:31: Ja, unter Umständen sagt das was.
00:46:34: Vielleicht hat da das Weidwinkel-Objektiv und sich entdeckt.
00:46:37: Könnte es.
00:46:39: Wir kotten uns am Anfang nicht so schöne Landschaften leisten.
00:46:43: Vielleicht.
00:46:45: Ich sehe, du guckst positiv auf die Welt, toll.
00:46:48: Ich suche immer auch nach einer anderen Option.
00:46:50: Super
00:46:50: für die Tonne.
00:46:50: Der Kontext ist so.
00:46:52: Ich frage gerne nach dem Kontext.
00:46:54: Ja, aber es ist natürlich, es ist verleiht zu der Idee, dass die Distanz zwischen den beiden möglicherweise größer geworden ist.
00:47:01: Genau, das ist die Frage, wie begegnet man so eine Distanz innerhalb einer Beziehung, innerhalb einer langfristigen Beziehung?
00:47:08: Ich glaube, es ist ein Ideal, dass wir immer gemeinsam gehen.
00:47:13: Und da hast du auch gesagt, wie gelingt es vielleicht, den anderen nachzuziehen?
00:47:16: Und das erlebe ich in der Praxis sehr oft, dass einzelne Personen zu mir kommen und sagen, unsere Beziehung läuft nicht mehr rund oder ich bin sehr unzufrieden, weil mein Partner oder meine Partnerin sich überhaupt nicht mit bewegt.
00:47:29: Und dabei ist das doch so interessant und dabei ist es doch für mich auch wirklich vielleicht die Offenbarung, jetzt diesen Weg des Interesses oder den spirituellen Weg oder so zu gehen.
00:47:43: Ich glaube, wie es gelingen kann, die Beziehung in Form einer sicheren Bindung weiterzuentwickeln, ist, dass wir Raum schaffen oder bereithalten für eine dynamische Bewegung zwischen Nähe.
00:48:01: Und ich würde hier jetzt nicht Distanz sagen, sondern Autonomie.
00:48:08: Also, dass wir einander neugierig, vielleicht möglichst neugierig dabei zusehen, wie eine, vielleicht auch Wegbewegung mal passiert, im Sinne von einem ganz starken Interesse beispielsweise, was man nicht teilt.
00:48:23: Und dann aber selbst, wenn wir uns nicht für die Materie interessieren, uns für die Bewegung in unserem Partner oder unserer Partnerin zu interessieren.
00:48:31: Also nicht... Davon auszugehen, es muss uns immer das Gleiche interessieren, sondern eher davon auszugehen, es sollte mich interessieren, wie es dir dabei geht, wie du empfindest, was es in dir bewegt.
00:48:48: Und wenn jetzt zum Beispiel mein Mann sich anfangen würde, für Astrophysik zu interessieren, dann würde ich sagen,
00:48:54: ja.
00:48:54: Schön.
00:48:56: Wie
00:48:56: fühlst du dich dabei?
00:48:57: Genau.
00:48:58: Das wäre dann eher meine Frage nicht.
00:49:00: Erzähl doch mal, was hast du auf dem Seminar gelernt, sondern ich würde eher fragen, was bewegt es in dir oder was bewegt dich darin?
00:49:09: oder was ist das, was dich begeistert?
00:49:14: Das nehme ich mir auf jeden Fall mit.
00:49:17: Ja, das ist schön.
00:49:18: Also es gibt natürlich auch Sachen, Wo ich auch in Freundschaften kennt man das.
00:49:25: Also, kenne ich das, wo ich manchmal denke, ja, aber halt Puh.
00:49:28: Na dann, okay.
00:49:31: Erde an Mars.
00:49:32: Ja, was es auch immer ist.
00:49:33: Und natürlich sind Menschen, die sich für etwas Neues begeistern, natürlich auch immer problematisch, weil sie nur noch darüber reden.
00:49:42: Sie wollen einheit
00:49:42: mitnehmen.
00:49:43: Sie wollen einheit mitnehmen.
00:49:44: Aber sozusagen zu sagen, nee, mach du mal deinen... deinem Projekt und ich frage dich, wie es dir geht dabei.
00:49:52: Ich glaube, es kann ganz tolle Ergebnisse bringen.
00:49:56: Ja.
00:49:58: Kommen wir mal, also ich würde mal diesen Bereich, ich habe ja gesagt, ich habe vom letzten Mal noch so viele offene Fragen gehabt und ich würde jetzt diesen Bereich einmal so zur Seite packen und in den nächsten Bereich übergehen und vielleicht, ich habe schon gesagt, also es gibt nachher noch Möglichkeiten, falls ihr noch Fragen zum Thema langjährige Beziehung habt.
00:50:18: Hier ist jemand.
00:50:22: Vielleicht überlege ich, ob ich eine Überleitung finde von dem eins im anderen Thema.
00:50:28: Nö.
00:50:31: Nicht so richtig.
00:50:33: People Pleaser.
00:50:37: Habt ihr das auch gehört?
00:50:40: Ich habe diesen Begriff ähnlich wie Trauma.
00:50:43: und Triggern, der kam so plötzlich in Mode, hatte ich das Gefühl, ich hatte plötzlich das Gefühl, um mich herum, ganz pauschal gesagt, vor allen Dingen eher Freundinnen, die sich als Peoplepleaser erkannt haben.
00:50:58: Und ich habe erstmal gedacht, okay, ist er erstmal nicht, also, wo ist das Problem?
00:51:02: Also...
00:51:02: Für den anderen selten ein Problem.
00:51:04: Genau, aber... Ja, das wusste ich, den habe ich dir nur so hingelegt.
00:51:18: Wo verläuft die Grenze zwischen Netzsein und sagen, super mit der Astrophysik, es ist ja wahnsinnig, ich komme auf jeden Fall mit.
00:51:29: Und Pipopleasing.
00:51:32: Also Pipopleasing vielleicht erst mal so, zu kurz zur Erklärung.
00:51:36: Danke.
00:51:39: Überbegriff für was oder vielleicht auf Deutsch gesagt würde sowas bedeuten, wie gefällig sein, sich unterordnen und anpassen.
00:51:49: Also people pleasing ist gefallen wollen, unterm Strich.
00:51:54: Und es gibt aus der traumattherapeutischen Sichtweise noch ein bisschen mehr Differenzierung in dem Begriff.
00:52:01: Aber ganz einfach gesagt, was ist die Grenze zwischen freundlich sein und people pleasing oder sich sozial unterwerfen?
00:52:08: Ich würde es ganz einfach so formulieren, dass Freundlichkeit oder nett sein ein ganz natürliches soziales Verhalten ist.
00:52:17: Und People-Pleasing oder soziale Unterwerfung ist eine Stressreaktionsanpassungsleistung.
00:52:25: Also eine Reaktion auf Stress, die ganz komplex ist und sich in der Verhaltens- im Verhalten zeigt.
00:52:33: People-Pleasing entsteht nur dann, wenn ich das Gefühl habe, ich muss nett sein.
00:52:39: um in dieser Beziehung in Sicherheit zu sein.
00:52:42: Ganz einfach gesagt.
00:52:44: Also im sogenannten People-Pleasing steckt ganz, ganz viel Stress hintergründig.
00:52:51: Wir haben erst hier schon gehabt, dass diese Stresssache subjektiv und objektiv ist.
00:52:56: Und ich will das jetzt nicht überhaupt nicht belächeln oder so.
00:53:01: Also ich finde auch, wenn das Menschen sagen so, ich muss mehr auf mich achten und ich war zu lange ein People-Pleaser, das finde ich erstmal gut.
00:53:09: Punkt.
00:53:10: Und dann gibt es aber auch die Tendenz, die ist mir auch schon das eine oder andere mal begegnet.
00:53:15: Jetzt komme ich.
00:53:19: Und plötzlich ist, ich komme jetzt zu spät und ich melde mich nicht mehr zurück und ich bin unverlässlich.
00:53:27: Ich achte jetzt auf mich.
00:53:30: Also das komplette Gegenteil.
00:53:32: Und da muss ich sagen, da habe ich ein Problem mit.
00:53:38: Weil die Frage ist, manchmal kann man ja für sich selber eine Erklärung finden oder eine Ausrede finden.
00:53:43: Ich bin jetzt halt kein People-Pleaser mehr, jetzt komme ich zu spät.
00:53:45: Und das ist ja eigentlich nicht so nett eigentlich.
00:53:49: Also ich könnte mir vorstellen, wenn ich jetzt so ein bisschen hypothetisiere auch im Sinne der Gründe für People-Pleasing und dann diese Gegenbewegung.
00:53:58: Das sogenannte soziale Unterwerfung, so nenne ich das gerne lieber, weil das ein bisschen mehr über den krassen Akt sagt, der da drin steckt.
00:54:08: Ich unterwerfe mich der anderen Person, indem ich so nett bin oder über meine Grenzen gehe.
00:54:15: Das ist häufig sehr früh geprägt.
00:54:17: Also viele Menschen, die sich irgendwann im Leben durch Trendbegriff als sogenannte Peoplepleaser erkennen.
00:54:24: Die haben vielleicht in ihrer Kindheit mit ihren Bindungspersonen eben genau diese Erfahrung gemacht.
00:54:29: Mir geht es besser.
00:54:31: Meine Beziehung zu meinen Bindungspersonen ist sicherer oder meiner Bindungsperson geht es besser.
00:54:37: Was für mich dann sicherer ist, wenn ich mich unter Ordnung keine Grenzen habe, keine eigenen Bedürfnisse habe, keine Pubertät habe und so weiter.
00:54:46: Ja, also sie haben vielleicht diese Erfahrung gemacht.
00:54:49: machen müssen, dass diese soziale Anpassung bis hin zur Unterwerfung in Sicherheit gibt.
00:54:55: Und wenn Sie eine solche Kindheit oder Jugendzeit hatten, dann hat das einen hohen Preis gekostet, nämlich den Preis, eine gesunde und natürliche Autonomie zu entwickeln.
00:55:08: Weil Sie, die andere Person, das ist ein Satz, der davor ist, wahrscheinlich ich kann oder darf nicht enttäuschen.
00:55:15: Zum Beispiel.
00:55:16: Zum Beispiel, das ist dann schon ein komplexer Satz in einer Kindheit.
00:55:22: Es ist vielleicht vorher erst mal so, wenn ich Gefühle habe, Emotionen zeige, Bedürfnisse habe, setze ein, was dir am schwersten fällt, dann wird es gefährlich.
00:55:36: Und habe Strich.
00:55:36: Es ist viel einfacher.
00:55:38: Es ist, wie man so sagt, basal.
00:55:42: Es ist an einer Empfindungsebene.
00:55:46: Also wenn ich mich so oder so verhalte beziehungsweise so oder so bin oder mich ausdrücke, dann ist meine Beziehung nicht sicher.
00:55:55: Das ist die Grundlage.
00:55:56: Und dann entwickeln sich diese Anpassungsleistungen.
00:55:59: Und der Preis ist, dass wir oder das Kinder dann unter diesen Umständen diese Autonomie nicht entwickeln können, die ihnen die Möglichkeit geben würde zu sagen, will ich nicht, kann ich nicht, brauche ich nicht oder ich brauche, ich will, ich kann mit einer gewissen selbstbewussten, gesunden Aggression.
00:56:18: Oder auch eben zu sagen, tut mir Leid, ich komme zu spät, ohne deswegen einen Kaskade an schlechten Gewissen drei Tage mitzutragen oder gleich noch einen Blumenstrauß und Pralinen mitzudringen.
00:56:30: Jetzt mal über Spitz gesagt.
00:56:31: Also es fehlt die Möglichkeit, eine Autonomie zu entwickeln, eine gesunde Autonomie, weil wir für die Entwicklung von Autonomie die sichere Bindung brauchen.
00:56:40: Und da will ich eigentlich raus, wenn dann irgendwann man später erkennt, oh Gott, ich bin ja ein People Pleaser, ich möchte da raus aus dieser selbstverletzenden, beziehungsformenden Verhaltens, komplexen Verhaltensmuster, was mich einfach auch so viel Qualität im Leben schon gekostet hat, dass dann eine Art Autonomieentwicklung nachgeholt wird.
00:57:04: Also ich komme jetzt auf jeden Fall zu spät.
00:57:06: Okay, also dass man so diese, man übertreibt es dann.
00:57:09: Jetzt ich.
00:57:10: Ja, jetzt ich.
00:57:11: Also es ist wie ein, vielleicht ein Nachlernen von, wie ist die Beziehung denn jetzt sicher?
00:57:17: Also bleibt Matze mein Freund, wenn ich mich nicht mehr nur anpasse, sondern wenn ich jetzt auch mal halt einfach nur mich in den Vordergrund stelle.
00:57:27: Für manche Menschen ist es in dieser, dann letztlich... auch oft schmerzhaften Auseinandersetzungen mit der frühen Anpassungsstruktur.
00:57:37: Ich passe mich an und ordne mich unter.
00:57:39: Für viele ist es dann so was wie ein Neulährenden von einem neuen Beziehungskontext.
00:57:48: Und dann muss man manchmal auch testen.
00:57:51: Das heißt, als Freund oder Beobachter ist es dann für mich dann auch oder für andere Betroffene von zu spät kommen, ist es dann auch gut erstmal das für sie erstmal von sich wegzunehmen und zu sagen alles klar die personen die lernt jetzt gerade was völlig neues was sie noch gar nicht gelernt hat und ich reagiere nicht mit samar ich warte hier schon eine minute sondern nein so bedient nicht sondern dafür auch erstmal verständnis zeigen dass diese person jetzt etwas lernt was sie einfach noch gar nicht gelernt hat.
00:58:26: also das setzt natürlich ganz schön viel grüße voraus.
00:58:29: und Also, dir traue ich das ohne Zweifel
00:58:35: zu.
00:58:35: Nee, auch nicht, wirklich nicht immer.
00:58:37: Also, ja, wir kennen uns halt doch nicht so gut.
00:58:39: Aber ich würde dir das zutrauen.
00:58:40: Ich will jetzt lücken.
00:58:42: Ja, und sage den Matze traue ich das
00:58:43: zu.
00:58:43: Diese Automatisierung nehme ich direkt wieder
00:58:47: mit.
00:58:48: Ich glaube, Beziehungen und Freundschaften auch.
00:58:51: Ich kann auch aus meiner bindungsorientierten Sicht ganz, ganz wunderbar reifen und sich entwickeln, wenn wir offen... kommunizieren, was das Verhalten des anderen bei uns auslöst.
00:59:07: Wir müssen keine heiligen, alles Verstehenden gegenüber sein, die Raum geben für jede nachträgliche Autonomieentwicklung, für jede, was weiß ich, nachträgliche Entwicklung, weil das kann ja verletzend auch für uns sein.
00:59:22: Was glaube ich einem, wenn wir uns das mal ganz einfach vorstellen, wenn jemand eine Autonomieentwicklung nachholen will?
00:59:29: Dann sucht er darin ja auch ein wenig Orientierung, die damals gefehlt hat oder die halt nicht möglich war.
00:59:37: Und es kann also vielleicht sehr hilfreich sein zu sagen, hey, ich bin es gar nicht gewohnt von dir, dass du zu spät kommst.
00:59:45: Deswegen habe ich mir jetzt auch Sorgen gemacht.
00:59:47: Ich mache jetzt mal ein Beispiel.
00:59:49: Und es würde mir total gut tun, wenn du, wenn du wieder mal zu spät kommst, mir möglicherweise eine kleine Nachricht checken könntest.
00:59:59: Also, dass wir eben nicht, um dem anderen seinen Entwicklungsraum zu lassen, selbst zum People Pleaser werden.
01:00:08: Stimmt, ja klar.
01:00:09: Und sagen, alles für deine Entwicklung.
01:00:12: Schatz.
01:00:14: Ich stecke jetzt mal zurück.
01:00:17: Und vielleicht machen wir dann in zwei Jahren eine Parttherapie.
01:00:21: Soll es gegeben haben, ne?
01:00:23: Soll es gegeben haben.
01:00:25: Ah, das ist also ... Jetzt frage ich mich, ob wir noch... Also, ich gucke auch ein bisschen auf die Zeit.
01:00:32: Das ist gut,
01:00:33: weil das Zeitgefühl habe ich jetzt verloren.
01:00:35: Ja, das... Du verbindest People Pleasing mit Narzissmus in deinem
01:00:42: Buch.
01:00:42: Ich weise darauf hin.
01:00:44: Du weißt
01:00:44: darauf
01:00:44: hin.
01:00:45: Achsam und vorsichtig.
01:00:47: Ja, ich bin der Typ mit dem Holzhammer und du nimmst dann das Federkissen, was ich gut finde.
01:00:53: Inwiefern hängt das miteinander zusammen?
01:00:54: Und vielleicht auch, wie hängt Trauma und Narzissmus zusammen?
01:00:58: Also der Punkt, den ich mache im Buch und der mir total wichtig ist, ist der, dass ich gerne sehr differenziert auf Dinge schaue.
01:01:07: Also selbst, wenn ich gerne das Down-Kissen nehme, finde ich wichtig, dass das konturiert ist und nicht so total verfluft.
01:01:16: Und beim People-Pleasing, bei diesen ganz, ganz intelligenten Anpassungsleistungen, da sieht es häufig so aus und ist auch erst mal in der Reflexion für Betroffene so, dass sie sehen, eigentlich geben sie sich auf für die Beziehung, für die funktionierende Dynamik in der Beziehung, für die sogenannte Harmonie, die ja eigentlich nur ein Lieberfrieden ist, um dessen Willen man letztlich alles aufgibt.
01:01:44: Und es wird dann häufig nicht gesehen, dass darin auch eine, jetzt formuliere ich das mal, Ich habe das Gummihammer, hast du gesagt, oder?
01:01:54: Ich
01:01:54: weiß es nicht.
01:01:56: Ich nehme halt ein Gummihammer, ein bisschen weicher als der Heulshammer.
01:02:00: Dass darin auch häufig etwas steckt, was selbst bezogen ist.
01:02:05: Also ich brauche das für mich, also indem ich mich so verhalte, sorge ich für Sicherheit in der Beziehung, und darin steckt, und das war eigentlich das Wort, wo ich hin wollte, mit dem Hammer, eine gewisse Unehrlichkeit.
01:02:21: Also wenn ich in meiner Beziehung vor allem eine Anpassungsleistung liebe und vor allem mich mit meinen Bedürfnissen hinter einer Anpassungsleistung verberge, dann bin ich nicht ehrlich, weil ich nicht anders kann.
01:02:40: Das ist nicht verwerflich, sondern das ist Folge eines einer komplexen Strategie, der meine Persönlichkeit sozusagen unterworfen ist, bis ich das aufarbeitet und reflektiere.
01:02:52: Und genau in dieser Pipopleasing- Unterwerfungsstrategie steckt also dann manchmal auch das tiefe Bedürfnis, gefallen zu wollen, gefallen zu müssen, um mich sicher zu fühlen, leisten zu müssen, um Anerkennung zu bekommen.
01:03:09: Und das sind Aspekte, die man klassischerweise mit Nazismus assoziiert.
01:03:15: Also, wo man sagen würde, jemand, der darauf total angewiesen ist, der hat nazistische Persönlichkeitsstruktur an Teile.
01:03:22: Das heißt, also es geht quasi vom People Pleaser, also die Person, die People Pleased, macht etwas für die andere Person, also unterwirft sich eine sogenannte soziale Unterwerfung und macht es aber eben auch dafür, um etwas zurückzubekommen.
01:03:41: und Und das ist dann unter Umständen, was du Nazismus auch nennst.
01:03:46: Also ich nenne es nicht Nazismus, sondern einen nazistischen Aspekt in der Dynamik.
01:03:53: Ja, genau.
01:03:54: Und warum ist das so wichtig?
01:03:55: Also im letzten Endes tut es ja, der Person, die people-pleaser ist, nicht gut.
01:04:01: Ja, keinem.
01:04:02: Es tut... Niemandem gut.
01:04:05: Das ist bei all den komplexen und hochintelligenten Anpassungsleistungen so, die alle auf einer sozialen, auf einer Beziehungsebene stattfinden.
01:04:14: Sie stabilisieren eine Schein-Sicherheit.
01:04:19: Sie stabilisieren oder provozieren eine Schein-Harmonie, eine scheinbare Nähe, eine scheinbare Sicherheitsbalance, Bindungssicherheit.
01:04:31: Und das ist eben das... tragische daran, dass sie nicht dienen im Sinne der Behaftigkeit, sondern sie dienen im Sinne der Kompensation von dem, was nicht verarbeitet werden konnte.
01:04:48: Super anstrengend.
01:04:50: Schon bei zuhören wahrscheinlich.
01:04:53: Nein, ich glaube, weil es so ein ... Wo fängt man da an, dann auch das zu bearbeiten, wenn man das einmal so festgestellt hat, dann muss ja auch so viel in Sachen daraus und auch der Partner und die Partnerin muss auch raus.
01:05:04: Also das ist, ich habe jetzt auf jeden Fall und deswegen war mir das noch so ein wichtiges Thema, habe natürlich, die meisten meiner Fragen sind Fragen, weil sie sich zufälligerweise in meinem Leben vielleicht wiederfinden, habe jetzt noch mal ein anderes Verständnis bekommen, was da eigentlich los ist, genau.
01:05:25: Also dafür vielen herzlichen Dank.
01:05:27: Und jetzt kommen wir noch zum nächsten Brocken.
01:05:33: Als ich dein Buch gelesen habe, und das ist jetzt wirklich auch was Persönliches, habe ich das Wort Parantifizierung das erste Mal gelesen und gehört.
01:05:48: Du hast erst gesagt, bei dir ging es los, als du dich mit Trauma beschäftigt hast, dass es so machte.
01:05:53: Das ist die ganze Zeit Blitzte.
01:05:55: Und bei mir war das auch so.
01:05:57: Ich konnte ganz viel, was mir in meiner Jugend passiert ist, plötzlich einordnen.
01:06:02: Ich bin in einer ehemaligen DDR groß geworden, nach dem Maus gefallen, als ich zehn war.
01:06:08: Und was viele, die ungefähr so alt sind wie ich, zwei, drei Jahre älter oder jünger erlebt haben, ist eigentlich eine... Eine unbetreute Jugend.
01:06:19: Also Eltern sind nicht da.
01:06:22: Ich glaube, dass ganz viel auch in Ostdeutschland, wo man fragt, warum gibt es so viele Rechte da?
01:06:28: Ich glaube, es hat ganz viel damit zu tun, dass diese Bezugspersonen plötzlich nicht mehr da waren.
01:06:32: Und da Gruppen... sich gebildet haben und das hat natürlich wunderbar funktioniert, indem man, ich weiß jetzt nicht soweit, aber andere ausgegrenzt hat.
01:06:42: und wir sind die starken, wir sind die mit den Springerstiefeln und so weiter.
01:06:45: Und was ich gelernt habe in dieser Zeit ist, ich musste ganz schnell und viele andere auch in meinem Alter sehr früh erwachsen werden.
01:06:55: Und ganz viele Sachen von denen, wo ich viel später erst gemerkt habe, oh, das haut irgendwie noch gar nicht so richtig hin.
01:07:01: Und das kommt hier, kommt was hoch und da kommt was hoch.
01:07:04: Geht auf diesen Begriff der Parantifizierung zurück.
01:07:09: Ich drehe noch eine Schleife weiter.
01:07:10: Ich kenne das von migrantischen Freunden auch, die viele Behördengänger erledigen mussten für ihre Eltern.
01:07:18: Und ich kenne das auch von Menschen, die Eltern haben oder einen Elternteil haben, das krank ist.
01:07:25: Und willst du einmal erklären, was Parantifizierung überhaupt ist?
01:07:31: Gerne.
01:07:33: Parantifizierung ist ein Begriff, der umschreibt, dass Kinder in die Elternrolle geraten.
01:07:39: Also eine Rollenumkehr stattfindet.
01:07:42: Parantifizierung parentes die Eltern und Fahrzeuge machen, also Kinder werden zu Eltern gemacht.
01:07:48: Und Parantifizierung ist eine Dynamik oder etwas, was geschieht nur, wenn Not da ist.
01:08:00: Also es ist nicht.
01:08:03: Es passiert nicht in einer unbelasteten Eltern-Kind-Beziehung, dass ein Kind in eine Elternrolle hineinrutschen muss.
01:08:13: Es gibt auch natürlich schöne Familiendynamiken, die natürlich sind, wo Kinder auch je nach ihrem Alter gewisse Fürsorgemöglichkeiten oder Anteilmöglichkeiten mit übernehmen.
01:08:27: Das gibt zum Beispiel irgendwo was helfen oder auch jüngere Geschwister.
01:08:31: ein bisschen mit unter ihre Fette hinnehmen, woran sie häufig ganz wachsen und wo sie auch Freude daran haben.
01:08:39: Das ist nicht mit Parentifizierung gemeint, sondern Parentifizierung entsteht dann, wenn Eltern ihren Kindern gegenüber nicht sicherheitgebend Eltern Rollen erfüllen können.
01:08:50: Und da gibt es eben viele unterschiedliche Kontexte.
01:08:53: Es gibt die sogenannte Funktionelle oder instrumentelle Parentifizierung, die zum Beispiel im Migrantenfamilien häufig stattfindet, wenn beispielsweise die Kinder viel schneller die Sprache des Landes lernen und die Eltern Schwierigkeiten haben, vielleicht Sprache zu erwerben und dann Kinder zu Behördengängen mitgenommen werden und als Übersetzer fungieren und dann vielleicht auch Dinge mitbekommen, Situationen bezeugen, die gar nicht für ihre Ohren bestimmt wären und die natürlich auch ihre Eltern dann in hilflosen oder schwierigen Situationen sehen.
01:09:33: Das wäre die instrumentelle Parentifizierung oder ein Beispiel dafür.
01:09:37: und dann gibt es die emotionale Parentifizierung, wo vielleicht ein Elternteil emotional schwer trägt, vielleicht.
01:09:47: weil die Beziehung zwischen den Eltern schrecklich dysfunktional ist, wie man das dann so nüchtern ausdrückt und dann vielleicht Mutter oder Vater sich am Kind festhält.
01:09:58: Es haben ja so viele Klientinnen oder Klienten berichtet, dass sich häufiger die Mutter nachts zu ihnen ins Bett gekuschelt hat, wenn es wieder enorme Konflikte gab zwischen den Eltern und sie weinend ins Kinderzimmer kam.
01:10:12: Also wo manchmal auch ohne einen Ein Bewusstsein auf der Elternseite, Kinder emotional sehr belastet werden und auch dadurch sich anpassend in eine Rolle begeben oder da reingedrängt werden, sich emotional um die Eltern zu kümmern.
01:10:30: Und ist das das Problem?
01:10:32: oder die, was dann nicht passiert, dass ein, also dass das Wachsen einen ganz natürlichen Lauf nimmt?
01:10:40: Also das Erwachsen werden oder ist das, oder was ist das, was passiert da an der Stelle mit den Kindern, die oder den Jugendlichen, die zu schnell eine Rolle des Erwachsenen übernehmen müssen?
01:10:53: Du hast es eigentlich gerade schon so treffend gesagt, sie müssen schnell erwachsen werden.
01:10:59: Und erwachsen werden ist ein riesiger Prozess, einer der ganz viel einhergeht mit dem langsamen Entwickeln einer gesunden Autonomie beispielsweise, der der, wenn er in Sicherheit geschieht, sich so gestaltet, dass das Maß der Verantwortung, die man als Mensch trägt, wächst mit dem Maß an Fähigkeiten und Persönlichkeit, die man hat.
01:11:25: Also es ist, wenn es gut läuft, eine Entwicklung, die unserem Wachstum angemessen ist, unserem Erwachsen werden, dass die Verantwortung damit eben einhergeht.
01:11:37: Und wenn Kinder parentifiziert werden, dann wird ihnen dieser Prozess genommen.
01:11:42: Sie müssen lernen, Verantwortung zu tragen, ohne dass sie die Voraussetzungen dafür entwickeln konnten.
01:11:50: Das bedeutet unterm Strich oder anders gesagt, dass ganz viele Menschen, die früh parentifiziert wurden, hervorragend.
01:11:59: wissen, wie man Beziehung stabilisiert, wie man einen anderen Menschen emotional stabilisiert, wie man Konfliktsituationen deeskaliert, wie man Verantwortung abnimmt, wie man Kontrolle hat.
01:12:15: Und sie wissen aber nicht, sie fühlen nicht, wie es sein kann, sich sicher zu fühlen, etwas Verantwortung abzugeben, abzuwarten, was geschieht.
01:12:27: ein bisschen Hingabel zu erleben.
01:12:30: Sie haben oft eine Kompetenz im Verantwortung tragen und ausagieren, die aber nicht gewurzelt hat in einer Persönlichkeit, die das tragen kann.
01:12:46: Deswegen dann, also man könnte ja sagen, egal, kann man ja toll mit durchs Leben kommen.
01:12:51: Aber das hat eben zur Folge, dass man zum Beispiel auch Verhaltensweisen oder Beziehungsmuster entwickelt, die es einem nicht möglich machen, schwach zu sein, eine eigene Unsicherheit nach außen zu tragen, mal nicht zu funktionieren.
01:13:08: Parentifizierte Menschen werden oft High-Performer, die sind oft in Führungspositionen, die sind oft Bühnenpersönlichkeiten.
01:13:21: Das hören wir auf.
01:13:23: Du redest nicht über mich gerade.
01:13:25: Ich hab das ganze allgemein gemeint.
01:13:29: Ja, bin eine Projektionsfläche für dich.
01:13:31: Genau.
01:13:32: So ist das meistens in so einem eins zu eins Gespräch.
01:13:37: Nein, das ist völlig normal.
01:13:39: Ja, also sie sind häufig, werden sie nicht erkannt, als Menschen, die keine Kindheit hatten.
01:13:45: Sondern sie werden eher betrachtet als Menschen mit einer stabilen Persönlichkeit, mit einer soliden Persönlichkeit.
01:13:51: Und die Problem-Lösungskompetenz bezieht sich aber nicht auf die eigenen Probleme, nicht auf den eigenen Schmerz, sondern auf das System, das Umfeld, in dem man sich befindet.
01:14:03: Hast du, gibt es für dich eine Definierung oder gibt es eine Linie zwischen Verantwortung und Rollenvertauschung?
01:14:11: Also das ist, also woran kann man das erkennen?
01:14:15: Und vielleicht ist, also der Unterschied, den jetzt wahrscheinlich auch viele kennen, ist das komplette Gegenteil eigentlich.
01:14:22: Also dass man, dass wir wahnsinnig, also unsere, also meine Generation extrem fürsorgliche Eltern sind, die eigentlich ja alles abnehmen, als zu viel Verantwortung geben.
01:14:42: Das
01:14:44: war nicht so gemeint.
01:14:45: Nee, nee.
01:14:47: Ich frag das jetzt auch nur als Projektionsfläche.
01:14:51: Danke, dass du
01:14:52: dich zur Verfügung stellst.
01:14:54: Gerne.
01:14:56: Ich bin's.
01:14:57: Das ist total interessant.
01:15:01: Wenn man jetzt noch ein bisschen genauer hinschaut, dann könnte sein, dass das sogar hinter dieser sehr... bindungsorientierten, bedürfnisorientierten Erziehung von Kindern oder eben auch der sehr fürsorglichen Erziehung auch etwas steckt oder steht, was ein Kind trotzdem in Rollenumkehr führen kann.
01:15:25: Also wenn ich zum Beispiel sehr viel Verantwortung abnehme, meinem Kind es gemütlich mache und eben ich sage jetzt mal einfach sehr viel Verantwortung abnehme und nicht zumute, weil ich sonst Angst bekomme.
01:15:39: dass mein Kind in zu intensive Gefühle geraten könnte, dass mein Kind verzweifelt sein könnte, dass es vielleicht nackst kriegen könnte, wenn es scheitert oder eine negative Erfahrung macht, dann mutte ich meinem Kind, unterschwellig zu, sich meinem Fürsorgemuster anzupassen.
01:16:02: Also es wird mir gerecht, indem es meine Fürsorge annimmt.
01:16:09: Und damit wäre ja gewissermaßen auch eine Art, eine Form von Parentifizierung mit dabei.
01:16:13: Weil das Kind sich, also dir den Schmerz abnimmt.
01:16:18: Also nicht dir, also dem...
01:16:19: Der Projektionsfläche.
01:16:20: Der Projektionsfläche.
01:16:21: Versucht den Schmerz abzunehmen.
01:16:25: Kannst du für dich, oder auch... Das ist ja schwer zu erkennen, finde ich, wo die Grenze ist.
01:16:31: Und ich würde jetzt auch nicht sagen, dass all die... Ostdeutschen Eltern oder die Migrantischen Eltern oder oder oder sich hingesetzt haben und gesagt haben jetzt Rollentausch und also das würde ich sagen ist in seltensten Fällen vorsätzlich weiß ich nicht.
01:16:51: Also vielleicht ist das schon mal ein Fragezeichen kurz.
01:16:53: Also ich würde sagen in den seltensten Fällen es gibt nichts was es nicht gibt aber in den allermeisten Fällen passiert das unbewusst und unbeabsichtigt und aufgrund von Not.
01:17:06: Und gibt es für dich ein oder für uns alle eine Art, eine Fragestellung, die man sich geben kann oder ein Band, wo man so ein bisschen erkennt?
01:17:15: Guck mal, das könnte jetzt ein bisschen, hier verrutscht etwas.
01:17:21: Hier ist es zu viel Verantwortungsübergabe oder Entnahme.
01:17:26: Ich glaube, die eigentliche Frage ist, kümmere ich mich um mich?
01:17:30: Kümmer ich mich um meine Emotionen, um meine inneren Zustände?
01:17:35: habe ich eine Adresse, wo ich mit dem, was mein Kind nix angeht, mich sicher fühle.
01:17:43: Also kenne ich mich selbst, bin ich mit mir selbst.
01:17:47: Ich sage es jetzt mal ganz groß einigermaßen im Reinen.
01:17:51: Und wenn ich mir da unsicher bin, dann würde ich sagen, es ist auf jeden Fall total gut, mal zu schauen, ob es vielleicht jemanden gibt, mit dem ich sprechen kann.
01:17:58: Ein guter Freund, eine Freundin der Partner oder jemand aus dem professionellen Milieu.
01:18:08: Das finde
01:18:09: ich aber schön, dass du das dann so machst.
01:18:13: Damit es einfach gar nicht, damit die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass es mir unbewusst passiert, dass eine Rollenumkehr stattfindet.
01:18:23: Wenn ich beispielsweise in der SISAT Situation bin, allein erziehend zu sein, dann zu schauen, ist es mir möglich, ein Netzwerk zu schaffen um mich, das mir genügend Halt und Unterstützung gibt, sodass ich Zeit habe, mit meinem Kind Zeit zu verbringen, statt nur, zum Beispiel, also nur im Sinne von ausschließlich Erledigungen zu vollziehen oder die Pflichten zu erfüllen.
01:18:50: Also es hat sehr viel auch mit Privilegien zu tun, ob Kinder, Kinder sein können oder ob sie parentifiziert werden.
01:18:56: Und die Frage, die uns, glaube ich, behüten kann vor der unerwünschten Dynamik ist die Frage, wie geht's mir, wenn ich ehrlich mit mir selbst
01:19:05: bin.
01:19:06: Was ich kenne und auch andere Menschen, die das so bis erlebt haben, ist eine Form von Schuldgefühl.
01:19:14: Und dann ist es, wenn man dann noch anspricht, wenn man das dann noch anspricht, dann ist es ja dann wieder irgendwie eine Form von, man hat etwas falsch gemacht.
01:19:23: Wie kann man das gut beim Menschen ansprechen, wo man das beobachtet, ohne dass da wieder ein neues Schuldgefühl oder noch ein größeres Schuldgefühl entsteht?
01:19:34: Weißt du, was ich meine?
01:19:35: Ja, ich glaube, ich weiß, was du meinst.
01:19:37: Und ich glaube auch, dass du was ganz Klassisches ansprichst.
01:19:41: Immer dann, wenn wir Erkenntnisse gewinnen über uns und unser Verhalten, die vorher, also die Zusammenhängen mit etwas, was wir vorher nicht sehen konnten, weil wir es weg tun mussten aus unserem Wurstsein, aus unserem Alltagsselbst, sondern nicht mal.
01:20:01: Das ist erst mal... Ein Hammer, das ist ein Knaller.
01:20:04: Also Erkenntnisse gerade über sich selbst und gerade, wenn Trauma vielleicht im Hintergrund eine Rolle spielt, die sind oft extrem ernüchternd.
01:20:12: Die sind sehr schmerzhaft.
01:20:14: Wenn wir Dynamiken aus unserer Familie im Rückblick plötzlich anders bewerten können, wenn wir ihnen Namen geben können, dann kommt oft ein Schmerz mit, der damals auch da war, aber der eben wegkompensiert werden musste, weil dafür kein Raum war.
01:20:32: Erkenntnisse bringen also häufig einen Schmerz mit und sind deswegen nicht nur entlastend im Sinne von aha, ich verstehe, sondern oh Gott, jetzt sehe ich zum Beispiel, was mir widerfahren ist oder wie ich mit meinen Kindern umgegangen bin.
01:20:48: Und deswegen ist eine der häufigsten Fragen, die ich in der Praxis bekomme, die ich von Podcast-Hörerinnen und Hörern bekomme, um Himmels willen.
01:20:56: Ich habe es weitergegeben.
01:20:59: an mein Kind.
01:21:01: Und jetzt, was mache ich jetzt?
01:21:03: Und viele Menschen, wenn dann dieses Schuldgefühl kommt, dieses Gefühl versagt zu haben, dieses Scham, die dann oft auch mitkommt, Menschen haben dann oft das Bedürfnis, sich zu entschuldigen.
01:21:17: Also bei dem Geschädigten, wenn ich es mal ganz nicht dann sage, sich zu erklären und dann eine Entschuldigung zu erbitten.
01:21:28: Und das ist manchmal Eine heikle Sache, weil es einerseits höchst nachvollziehbar ist, dass man sich die Entlastung wünscht, dass da drin steckt ja das Bedürfnis zu formulieren, ich sehe, ich habe die Schmerz zugefügt.
01:21:46: Also es war keine Absicht.
01:21:48: dass ich diese Mutter war, die das nicht geben konnte.
01:21:51: Es war keine Absicht, dass ich der Vater war, der sich so verhalten hat.
01:21:55: Es steckt darin, das tiefe Bedürfnis zu erklären.
01:21:57: Ich wollte das nicht im Sinne von, ich habe den nicht absichtlich etwas vorenthalten oder geschadet.
01:22:03: Und gleichzeitig steckt darin eben auch das Bedürfnis, vom anderen dieses Verständnis dann zu empfangen, im Sinne von einem Bedürfnis nach Versöhnung.
01:22:15: einer Nähe, die vielleicht dann möglich wird und vor allem eben nicht noch einer Schuldzuweisung oben drauf.
01:22:24: Und ich habe von Kindern solcher Eltern mit diesem höchst nachvollziehbaren Bedürfnis erfahren, dass sie das ganz furchtbar finden, fanden, also die, aus deren Erfahrung ich jetzt zitieren kann, wenn die Eltern sich unterwürfig, bittend an sie gewandt haben.
01:22:45: Weil das wiederum sie in eine Rolle gebracht hat, jetzt die Eltern aus einer eigentlich Kindrolle, in der man jetzt zum ersten Mal gesehen wird, zu entschuldigen und mit ganz viel Verständnis den Schmerz über das, was sie erkannt haben, zu hüten.
01:23:01: Ja.
01:23:01: Da geht es wieder vom Anfang an los.
01:23:03: Dann reinszeniert sich möglicherweise in dem Wunsch nach Heilung wieder so ein Muster.
01:23:09: Und deswegen glaube ich, dass auf deine Frage hin, wie kann man denn sowas formulieren, wie kann man sowas kommunizieren?
01:23:16: Es erst mal ganz hilfreich sein kann, wenn man zunächst mal bei sich bleibt und diesen emotionalen Prozess durchsteht, mit Unterstützung gegebenenfalls, dass man sich jetzt enorm schuldig fühlt, dass man diese Schuld loswerden möchte und dass man sich aber bewusst wird, ich kann die nicht loswerden, indem ich sie bei einem anderen.
01:23:40: Entschuldigung erhalten, sondern mein Schuldgefühl kann sich dann wandeln, wenn es mir gelingt, mich selbst wirklich tief zu verstehen, in der Dynamik, in der ich damals war.
01:23:52: Den Menschen, der ich damals war, zu umarmen, bildlich gesprochen, seinen Schmerz in mir endlich wahrzunehmen.
01:24:01: Die Entschuldigung zu wünschen ist auch vielleicht ein hilfloser Impuls, den Schmerz loszuwerden.
01:24:08: Aber der Schmerz kann ich nicht durch die Entschuldigung loswerden, sondern der muss prozessiert werden, wie ich das gerne ausdrücke.
01:24:18: Was ich von dir beim letzten Mal schon gelernt habe, dass auch diese Gespräche und diese, ich nenne das mal Konfrontation, der Verarbeitung aber auch nicht unbedingt mit dieser Person stattfinden muss.
01:24:31: Und ich finde, das war etwas totaler Lasten, das für mich gab.
01:24:34: Manchmal denkt man, man müsste noch mit einer bestimmten Person etwas klären und vielleicht ist die auch gar nicht mehr da.
01:24:41: Aber eben solche Sachen können auch in anderen Beziehungen heilen.
01:24:45: Wiefern funktioniert das?
01:24:47: Dass man jetzt nicht, jetzt hier nicht dreieinhalb Leute irgendjemand anrufen und da geht vielleicht niemand ran, sondern... dass in ihrer eigenen oder neuen Beziehung irgendwie klären kann.
01:24:59: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir uns die Zeit nehmen, wenn möglich, zu sortieren.
01:25:06: Was ist eigentlich wirklich meine Baustelle und was betrifft unseren Beziehungsraum?
01:25:14: Meinst du, meine Baustelle ist jetzt nur meine, meine oder...
01:25:18: Meine, meine.
01:25:20: Also meine, meine im Sinne von, wie gerade in dem Beispiel mit der Eltern-Kind-Entschuldigungs- Geschichte, dass ich erstmal meine Gefühle in mir wahrnehmen darf, statt dem Impuls eine Entschuldigung haben zu wollen und den Schmerz loswerden zu wollen, zu folgen.
01:25:37: Also es ist wichtig zu sortieren, welcher Teil der Beziehungsdynamik, die mich heute noch belastet, ist wirklich In der Beziehung, das klingt jetzt vielleicht erst mal ein bisschen schräg, ich versuch das aber aufzutröseln, und welcher Teil der Dynamik liegt in meinem Zustand, meinen Beurteilungen, meinen Bewertungen, meinen Erwartungen, meiner Prägung, meiner vielleicht unverarbeiteten emotionalen Last.
01:26:13: Wir haben ganz oft, und das ist auch... Erstmal, glaube ich, total stimmig und rund und gesund, das Bedürfnis, Dinge im Gespräch zu klären.
01:26:25: Es gelingt aber dann am besten, wenn wir gut selbst reflektiert in dieses Gespräch
01:26:32: gehen.
01:26:33: Also, wenn wir schon in gewisser Weise Dinge für uns verarbeitet haben oder bearbeitet
01:26:37: haben.
01:26:37: Geklärt haben zumindest.
01:26:38: Also, zumindest mal klar haben.
01:26:40: Die müssen noch nicht mal ganz verarbeitet sein.
01:26:43: Es gibt einen Satz, den ich sehr, sehr greifbar finde, den ich auch in meinen beiden Büchern nenne und immer wieder, wenn es passt so jetzt, was nicht integriert ist oder verarbeitet ist, wird projiziert.
01:26:58: Deswegen wird in Beziehung auch so viel projiziert.
01:27:01: Und wenn ich eben nicht selbst reflektiert versuche, in Beziehungen Dinge zu klären, dann kann es sein, dass ich eben sehr viel auch auf den anderen projiziere.
01:27:11: Und das Gefühl habe jetzt sehr plakativ gesagt, wenn es mir gelingt, den anderen zu verändern, dann wird die Beziehung gut, während das halt eigentlich Quatsch ist.
01:27:24: Also es klingt jetzt ein bisschen nach Beziehungsratgeber, Trixitzen.
01:27:29: Aber es ist, auch wenn es so einfach klingt, halt tatsächlich einfach sehr häufig der Fall, dass wir sehr viel projizieren und dazu dann auch ... Neigen, die Idee zu haben, mein Unser Problem löst sich, wenn du es verstehst, wenn du jetzt endlich kapierst, was du anders machen müsstest, damit ich endlich die gute Partnerin sein kann, die ich sein möchte.
01:27:55: Und das ist ja, glaube ich, auch und das schließt sich so ein bisschen der Kreis auch in den langfristigen Beziehungen so.
01:28:01: Dass man immer denkt, der andere muss doch jetzt mal aufhören mit der Astrophysik.
01:28:06: Aber eigentlich muss er das gar nicht.
01:28:08: Eigentlich muss das gar nicht.
01:28:10: Er muss es eigentlich gar nicht.
01:28:11: Und vielleicht kann er ja dann auch irgendwann mit mir zum Mond fliegen.
01:28:17: Also vielleicht gibt es dann noch, um dieses Bild weiter zu spielen.
01:28:20: Vielleicht gibt es auch in dieser... Entwicklung, bei der ich nicht mit kann, irgendetwas, was der Beziehung auch neue Türen öffnet oder neue Perspektiven öffnet.
01:28:32: Danke.
01:28:35: Ja, das musst du auch kurz mal nachdenken.
01:28:40: Aber ich glaube, also ich wusste schon vorher, dass es auch dieses Mal nicht das letzte Mal sein wird, weil wir nicht alle Themen schaffen werden, die ich auf meinem Zettel habe.
01:28:52: Was ich wirklich, ich hoffe euch geht das genau, also geht es genau so, aber ich merke so der Ruhe an, dass du die erste Person bist, mit der man über solche Themen spricht, ohne dass es mich, also mich zieht überhaupt nicht runter.
01:29:05: Also ganz und gar nicht und das ist eher so ein, aha, aha, aha, die ganze Zeit, also auch heute wieder und das ist, merke ich gerade im, im so, also natürlich ist das nichts.
01:29:18: Schönes über Parantifizierung nachzudenken und zu reden oder darüber nachzudenken, ob man vielleicht dem Kind zu viel zugemutet hat oder zu wenig.
01:29:28: Aber du hast so ein unglaubliches Wohlwollen, finde ich.
01:29:32: Und ich frag mich, also das ist eigentlich etwas, wo ich... Also ich habe jetzt schon viel gefragt, ne?
01:29:38: Und ich glaube, ich habe auch ein Wohlwollen großes, aber woher nimmst du dieses unglaubliche Wohlwollen gegenüber?
01:29:45: scheinbar, also allen?
01:29:49: Das ist eine gute Frage, woher nehme ich das?
01:29:55: Also ich glaube wohl wollen, ich beschreibe das auch, ist eine Haltung und ich glaube, das ist eine Haltung, die sich ergibt, wenn wir menschlich sind.
01:30:12: Also mein Beruf vor allem, ich glaube, das war schon Bevor ich berufstätig wurde so, aber ich habe ein sehr großes Interesse am Menschen.
01:30:22: Und ich möchte gerne verstehen, aber nicht im Sinne von ich möchte es kapieren allein, sondern ich möchte es durch dringend fühlen, was in meinem Gegenüber vorgeht, was ein Mensch erlebt hat.
01:30:36: Ich interessiere mich tief und aufrichtig.
01:30:40: Und ich glaube, das verhindert Das, was dem Wohlwoll entgegensteht, nämlich Vorverurteilen, ressentiments, vielleicht auch ein gewisses Maß an Projektion kann dadurch verhindert werden, also ich bin natürlich auch super projizierer Projektor.
01:30:59: Aber ich glaube, dieses aufrichtige Interesse bringt Menschen und auch mich in einen Zustand, der Wohlwollend ist, der Raumschaft für das Gegenüber und der dann natürlich auch eine Atmosphäre schafft, in der das überhaupt nicht schwerfällt, wohlwollend zu sein.
01:31:20: Das erlebe ich auch in der Praxis so.
01:31:23: Toll.
01:31:23: Vielen, vielen herzlichen Dank, Dianne.
01:31:25: Oh, ich danke dir mal.
01:31:26: Es ist mir eine große Ehre, hier zu
01:31:27: sein.
01:31:28: Dankeschön.
01:31:35: Ich muss auch echt sagen, dass ich, ich hatte heute ein leicht erhöhtes Stresslevel.
01:31:46: weil ich natürlich weiß, wenn jetzt am Montagabend Leute irgendwie Tickets gekauft haben und da kommt der Alde hier hoch und sagt, Trauma, meine Damen und Herren, dass das nicht jeden und jeden gefallen wird und erst mal so, vielleicht auch ist und ich finde es total toll und es hat meinen Stresslevel die ganze Zeit immer weiter nach unten gebracht.
01:32:08: Also ich bin jetzt kurz vor Schuhe ausziehen und hinlegen, weil ihr so wahnsinnig Geil zugehört habt und das ist vielen vielen herzlichen Dank dafür, dass ihr da so offen seid und meiner Neugierde so folgt und vor allen Dingen Verena zugehört.
01:32:24: Vielen vielen herzlichen Dank, echt toll.
01:32:25: Also danke für das am Start sein.
01:32:33: Das
01:32:34: war Verena König, vielen vielen herzlichen Dank fürs Zuhören.
01:32:38: Für mich, und ich glaube, ich kann auch für Verena sprechen, war das ein wirklich besonderer Abend.
01:32:42: Zum einen, klar, ich habe viel gelernt auch jetzt in diesem Gespräch, aber auch, weil es eine sehr, sehr besondere Stimmung in München war.
01:32:49: Das Publikum war sehr ruhig, hat zugehört und es war schon irgendwie so eine geteilte Aufmerksamkeit, habe ich danach gedacht, hatte noch mal eine ganz besondere Kraft.
01:32:59: Wir waren davon, also Verena und ich, regerecht erschlagen davon, im Positiven.
01:33:02: Also ich bin immer noch jetzt ein paar Tage später beseelt.
01:33:06: Vielen, vielen herzlichen Dank dafür.
01:33:08: Herzlichen Dank, dass ihr vorbeigekommen seid, dass ihr so neugierig geblieben seid die ganze Zeit.
01:33:12: Und ich weiß natürlich, dass Trauma an so einem Montagabend nicht so leicht ist.
01:33:15: Aber ich finde, dass es ein sehr, sehr wichtiges Thema ist, über das wir nachdenken sollten, über das wir mehr wissen sollten.
01:33:21: Und ich finde, da gibt es keinen besseren Gast als Verena dafür.
01:33:25: Herzlichen Dank natürlich auch an Verena, dass sie da war.
01:33:27: Und das, was ich vergessen habe, am diesen Abend zu sagen, das Geld, was am Ende für diese Veranstaltung übrig bleibt, also das Geld, was dann abzu... von der Agentur, von der Location und so weiter, was bei mir landet, das wird komplett an UEFA gestiftet werden.
01:33:41: Das ist die Stiftung von Nevin Subortich, der ich schon seit ein paar Jahren sehr nah bin.
01:33:45: Und das heißt, mit diesem Geld werden Wasserprojekte in Tanzania, Äthiopien oder Kenia errichtet werden.
01:33:52: Und ich habe das in diesem Jahr live erleben dürfen in Tanzania und das war sehr, sehr bewegend.
01:33:58: Deswegen hat es mich auch gefreut an diesem Abend, dass so viele Menschen da waren, weil ich weiß, da kann wieder ganz, ganz viel Neues.
01:34:04: entstehen.
01:34:05: Herzlichen Dank also an alle, die vorbeigekommen sind und dazu ihren Teil beitragen.
01:34:10: Und Herzlichen Dank natürlich auch an Lena Rocheu für die Redaktion und an Mitvergnügen für die Distribution und Vermarktung.
01:34:16: Und ich wünsche euch jetzt einen schönen Tag, eine gute Nacht, auf bald, Holmatze.
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