Betterov – Was macht deine Herkunft mit deiner Kunst?
Shownotes
Betterov ist Musiker, Songwriter und für mich einer der spannendsten deutschsprachigen Künstler seiner Generation. Auf seinem neuen Album “Große Kunst” erzählt er die Geschichte seines Vaters, der 1989 aus der DDR geflohen ist – und damit auch die Geschichte einer ganzen Generation.
Ich wollte von Betterov wissen, wie sehr seine Herkunft seine Kunst beeinflusst und wie er entschieden hat, den “Ostrelikten” ein Album zu widmen. Wir sprechen über Herkunft, Züchtigung in der Schule, Gewalt in der Jugend, seinen Weg vom Industriemechaniker zum Musiker, über Freiheit, Verantwortung und warum er lieber über die Diktatur seines Vaters singt, als den nächsten Algorithmus-Hit zu produzieren. Es geht um Scham, Mut, Reflexion und darum, was es bedeutet, wenn man die eigene Geschichte endlich versteht.
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00:00:00: Wenn man Biografien liest von Musikern, Musikerinnen oder auch Schriftstellern und Schriftstellerinnen, es ist erstaunlich oft so, dass die Mobbing erfahren haben, dass die mal ausgegrenzt wurden, dass die irgendwie so ein bisschen die Paradiesvögel waren.
00:00:18: Und das ist natürlich irgendwann ein Riesenvorteil.
00:00:22: Willkommen im Hotel Matze.
00:00:24: Ich bin Marzehi schon, ich treffe mich hier mit Menschen, die mich interessieren und versuche herauszufinden, wie die so ticken.
00:00:29: Mein heutiger Gast ist Betarov.
00:00:31: Betarov ist Musiker und für mich einer der aufregendsten Musiker der letzten Jahre.
00:00:36: Er singt unnachahmlich über Einsamkeit, über den Duft der Jugend,
00:00:41: über das
00:00:41: Kulturhaus Dußmann und auch über die Republikflucht seines Vaters.
00:00:47: Mein Vater ist über den zweiten Zaun drüber und ist dann parallel zur Grenze gelaufen.
00:00:52: Und ist dann aber wieder umgedreht, weil er gedacht hat, ich bin genau in Schusslinie.
00:00:55: Und ist dann von der Grenze weggelaufen.
00:00:57: Die schießen dann.
00:00:58: Die fragen auch nicht vorher, so stehen bleiben oder Haltstoppen, die schießen sofort.
00:01:10: Ich hab
00:01:19: meine alte Kindergärtner dann wieder getroffen.
00:01:27: Ich hab sie gefragt, was hat denn sich für dich verändert?
00:01:31: Wie war das denn für dich?
00:01:32: Ihre Antwort war, du musst es dich halt kümmern.
00:01:35: Also, wenn du arbeitslos geworden bist und du bist nie aufs Arbeitsamt, dann hast du kein Geld gekriegt.
00:01:39: Das hat mich so umgehauen, weil ich dachte, ich frage dich nach nirgendwo.
00:01:44: Und das Erste, was dir einfällt, ist was Schlechtes.
00:01:49: Mir ist es wichtig, Menschen zu zeigen, so war das.
00:01:52: Das war eine Diktatur und wir alle leben in Freiheit.
00:01:57: Und das müssen wir bewahren.
00:02:01: Ich wünsche euch viel Vergnügen, E-Mutter im Marz, mit Wetter auf.
00:02:11: Hast du das auch mal kurz überlegt, unerkannt zu bleiben?
00:02:15: Weil du hast ja schon so eine Art ... Also, so ganz erkannt willst du nicht sein, hab ich das
00:02:19: Gefühl.
00:02:19: Nee, hab ich noch nie drüber nachgedacht.
00:02:22: Nee, aber das war ein sehr mutiger Schritt, auf Deutsch zu singen.
00:02:25: Weil da macht man ja genau das Gegenteil von sich verstecken.
00:02:28: Ja.
00:02:29: Weißt du, kannst du noch dich an dem Moment erinnern, als du dir das so gesagt hast, jetzt sing ich auf Deutsch, jetzt gehe ich sozusagen vom Schatten, vom Bühnschatten ins Rampenlicht?
00:02:41: Das sind so zwei unterschiedliche Paar Schuhe, glaube ich.
00:02:43: Also auf Deutsch, das war relativ schnell klar, weil ich dachte, ich kann auf Deutsch einfach viel mehr erzählen.
00:02:48: Und das war auch mein Anspruch.
00:02:49: Ich hatte ganz früh so ein Anspruch an den Text auch.
00:02:53: Weißt du, das Gefühl hat, da ist irgendwie noch mehr drin.
00:02:57: für mich jetzt nicht, dass alle anderen das schlecht machen.
00:02:59: Aber ich dachte, ich habe irgendwie so das Gefühl, da gibt es irgendwie noch was zu erzählen.
00:03:07: So, das war wirklich, das klingt jetzt sehr romantisch, aber das war wirklich so.
00:03:11: Und das Zweite war dann eigentlich, sobald man sich so ein Mikro vorschnallt und sich ans Klavier setzt, das war so mein erstes Konzert, was ich hier gespielt habe, war im Hangar neunundvierzig.
00:03:23: Das war so der erste Moment.
00:03:25: Da ist man natürlich totes aufgeregt.
00:03:28: Man weiß ja auch am Anfang gar nicht, ob das was ist, was man sich da ausdenkt.
00:03:31: Es kann ja auch sein, dass man von der Bühne kommt und alle klopfen einfach so auf die Schulter und sagen, so schön ist, so schön, dass du ein Hobby hast.
00:03:39: Kann ja auch sein, das weiß man ja alles nicht.
00:03:41: Warum ist dir das so ein Bedürfnis, etwas zu erzählen, obwohl du eigentlich, und du hast dich bet darauf nach einem Statisten auch benannt, Und wenn man das, wenn man deine Texte hört, dann hat man auch das Gefühl eher, du bist eher ein Drini als jemand, der im Scheinwerferlicht stehen will und ich habe dich einmal auf dem Konzert gesehen.
00:04:02: Also es ist jetzt nicht so, dass man denkt, der will unbedingt, aber irgendwie ist es ja doch etwas.
00:04:08: Was, was glaubst du, ist es bei dir?
00:04:09: Es
00:04:10: gibt beides.
00:04:10: Also es gibt zum einen diese schon den großen Teil, der in mir selbst wohnt und der ganz viel sucht und er ganz viel kramt und ganz viel denkt.
00:04:20: Und noch mal drüber nachdenkt und noch mal drüber nachdenkt.
00:04:23: Ist das
00:04:23: so ein Einsiedler?
00:04:23: Was macht's mit Einsiedler?
00:04:24: Ist das so
00:04:24: jemand, der für sich sein will und für sich so kramt?
00:04:28: Nee, aber in meinem Kopf ist ganz viel los.
00:04:31: Und es gibt da Menschen, die so nach draußen gehen und dann nicht aufhören zu reden und so weiter.
00:04:35: Und bei mir richtet sich das eher nach innen.
00:04:37: Ich mach das mit mir aus und überlege und überlege und überlege und spreche ganz viel mit mir selbst und bin ganz viel in so einem Selbstgespräch mit mir selbst.
00:04:44: Es gibt aber dann auch die andere Seite.
00:04:47: Es gibt noch ganz viele andere Seiten natürlich, aber wo du die zwei ansprichst, gibt es natürlich die Seite, die auch raus will und die auch Bock hat, Leute zu unterhalten und eine geile Show zu machen und Leute, was auch immer zu bringen, zum Lachen, zum Weinen oder einfach nur, dass alle nach Hause gehen und sagen, das war voll geil.
00:05:05: Wie hast du diese Schüchtertheit aber überwunden?
00:05:07: Ich habe gelesen, dass du am Anfang, als du die ersten größeren Konzerte gespielt hast, Und du gesehen hast, dass Leute dich filmen, du gedacht hast, die machen sich über dich lustig.
00:05:18: Das ist ja schon eine Diskrepanz.
00:05:20: Das ist eine Diskrepanz, das ist aber nicht Schüchternheit, sondern das ist eher so eine Unsicherheit, die kam.
00:05:26: Und das ist eher eine Unsicherheit, die entstanden ist, durch das man ganz lange bei mir nicht wusste, wohin jetzt die Reise geht.
00:05:35: Und ich ganz lange so ein bisschen am Rand stand.
00:05:39: Und ich mir dachte so, was jetzt hier so ist, das interessiert mich irgendwie alles nicht.
00:05:44: Wie meinst du das?
00:05:45: Ja, also ich wollte immer schon das machen, was ich jetzt mache.
00:05:48: Du wolltest immer Musiker sein.
00:05:49: Ja, ich wollte immer genau das machen und habe dann doch mal einen kleinen Umweg genommen, aber im Prinzip wollte ich immer genau das machen, was ich jetzt mache.
00:05:55: Du hast mit sechs, dein erster Klavier, dein erster Klavier gekriegt oder da oben hatte ich einen Klavier geschenkt, genau.
00:06:00: Ein Klavier ist gut, das war so groß, das ist so eine Tastatur, da war so eine Okta-Welt drauf.
00:06:03: Klavierchen.
00:06:04: Klavierchen, genau.
00:06:05: Mit Heflas, dann immer so Notennamen draufgeklebt.
00:06:07: Und genau, das gab es und das wollte ich immer machen und ich bin aber dann... immer so ein bisschen angeeckt natürlich damit weil man weiß ja auch gar nicht wie das geht.
00:06:16: Du warst ja auch mal Musik kann man jetzt nicht irgendwie eine Prüfung die man ablegen kann beziehungsweise kann man Musik studieren natürlich aber jetzt so seine eigenen Songs zu schreiben.
00:06:25: das kann einem ja niemand sagen wie das geht.
00:06:28: Und das wollte ich aber die ganze Zeit machen und ich habe diesen Weg gesucht der dahin führt und auf dem Weg dahin.
00:06:33: Ist man natürlich immer wenn man auch so ist und das möchte so ein bisschen.
00:06:38: vor allem wenn man in so einer ganz festen Gesellschaft ist, jetzt sind wir schon mittendrin, wenn man in so einer ganz festen Gesellschaft ist, dann ist man so ein bisschen randständig automatisch.
00:06:47: Ja.
00:06:47: Und das ist nicht so ganz spurlos an mich vorübergegangen.
00:06:50: Und das hat dann einfach damit zu tun, dass es so eine Unsicherheit entstanden ist.
00:06:55: Randständig ist, würdest du sagen, sind Künstler, Künstlerinnen, sind die in der jetzigen Gesellschaft randständiger?
00:07:02: Ich weiß nicht, ob sie in der jetzigen Gesellschaft ranständiger sind, aber wenn man Biografien liest von Musikern, Musikerinnen oder auch Schriftstellern und Schriftstellerinnen, es ist erstaunlich oft in Biografien so, dass die Mobbing erfahren haben, dass die mal ausgegrenzt wurden, dass die irgendwie so ein bisschen die Paradiesvögel waren.
00:07:25: Und das ist natürlich irgendwann ein Riesenvorteil.
00:07:29: Ja.
00:07:30: Irgendwann.
00:07:30: Auf der Bühne.
00:07:32: Bis dahin muss man aber erst mal zur Schule gehen und andere Sachen machen und so weiter.
00:07:37: Und das findet sich schon sehr oft und ich glaube, dass es so ein bisschen hängen geblieben.
00:07:41: Dadurch kommt das.
00:07:41: Das war aber auch nur, das stand in dem Artikel, aber das ist so eine Momentaufnahme wirklich gewesen.
00:07:47: So, ganz am Anfang.
00:07:49: Jetzt sagst du ja auf dem neuen Album große Kunst, das ist große Kunst im Grunde, tief gestapelt.
00:07:59: Also, schäft irgendwie viel mit Künstlern und Künstlerinnen.
00:08:02: Und natürlich auch, weil die Musik mir nah ist.
00:08:05: Deine Musik total nah ist auch... Ich glaube, große Kunst hat immer ein Ursprung.
00:08:11: Wir haben ja gerade das schon so ein bisschen, oder du hast kurz gestriffen.
00:08:14: Was würdest du sagen, ist deine Quelle für deine Kunst?
00:08:19: Die kommt ja aus dir heraus.
00:08:20: Man hört das, wenn man deine Musik hört.
00:08:22: Das ist nicht irgendwie, irgendjemand hat das für dich geschrieben.
00:08:24: Das ist kein Songwritercamp, sondern das bist du.
00:08:29: Das ist dein Inneres, was ich höre, glaube ich.
00:08:31: Was ist deine Quelle würdest du sagen?
00:08:34: Mein Aufwachsen und meine Herkunft, weil mir schon als Kind klar war, dass diese Gegend, in der ich aufgewachsen bin, sehr besonders ist.
00:08:41: Deswegen hat auch Springsteen so einen Rieseneinfluss auf mich gehabt, weil das der erste Mensch war, den ich gehört habe, wo ich das Gefühl habe, dass es genau dieselbe Situation ist.
00:08:49: Genau dieselbe Situation.
00:08:50: Der ist in New Jersey aufgewachsen, auch ganz viel bei seinen Großeltern gewesen.
00:08:55: Die Eltern haben sehr, sehr schwer gearbeitet.
00:08:57: Es gab da diese Fort-Industrien, also alle haben fast denselben Arbeitgeber gehabt.
00:09:01: Das war mir genauso, das war bei mir Carly und Salz, also ein Bergbaubetrieb, wo alle gearbeitet haben.
00:09:07: Und ich hab das schon immer fasziniert, wie der das macht, wie der das schreibt.
00:09:12: Und auch, dass der das so persönlich macht und dass der so ... Dinge, die ja eigentlich jemand im Barcelona gar nicht verstehen kann.
00:09:20: Es geht ja ganz oft um das amerikanische Alltagsleben.
00:09:22: Und jemand, der in Spanien aufgewachsen ist, hat eine ganz andere Situation oder ich eigentlich auch.
00:09:26: Also, ich hab mit Amerika und den USA nichts zu tun gehabt zu diesem Zeitpunkt.
00:09:29: Aber trotzdem sind es genau diese Geschichten.
00:09:31: Und deswegen hat mich das so fasziniert.
00:09:33: Und das war ganz früh der Motor dafür, dass es sowas gibt.
00:09:39: Und dass es so jemanden gibt.
00:09:40: Das ist auf der einen Seite der Punkt.
00:09:41: Und ich wollte irgendwie was daraus machen.
00:09:46: Schon immer.
00:09:46: Und hab versucht, mich irgendwie mitzuteilen.
00:09:51: Hast du Springsteen verstanden?
00:09:53: Also, als du die Texte gehört hast, hast du das für dich gleich übersetzt oder war das eher so ein Gefühl von verstehen?
00:10:03: Also, ich hab das schon als Kind gehört, als Kind natürlich nicht.
00:10:05: Da hört man sich das an und sagt, cool.
00:10:10: Aber dann irgendwann später schon.
00:10:12: Dann beschäftigt man sich auch mit den Texten.
00:10:15: Da reimt sich ja auch nichts.
00:10:17: Da gibt es manchmal noch nicht mal einen Chorus.
00:10:19: Das ist einfach ein Text und Liedende.
00:10:22: Das war es, gar keine Struktur.
00:10:24: Und das, wo man das Gefühl hat, da geht es schon wirklich um was.
00:10:29: Dein Vater hat auch springsding gehört.
00:10:31: Hat er das auch so empfunden?
00:10:33: Also hat er auch gemerkt, okay, der ist der Mann in Amerika und in Amerika ist es ähnlich wie hier?
00:10:41: Hat er das für sich verstanden, als er das hörte?
00:10:42: Ich
00:10:43: glaube, es gibt viele, die unterschiedlichste herausziehen.
00:10:47: Also zum einen ist es der Text, es ist der Inhalt, es ist auch die Art, wie er das macht.
00:10:53: Es gibt so ein Broadway-Show mit ihm, wo er anfängt mit ... Ich singe den ganzen Tag darüber, wie es ist, zu arbeiten und wie es ist, in der Working-Class zu sein.
00:11:04: Und ich hab keinen einzigen Tag in meinem Leben gearbeitet.
00:11:09: Da könnt ihr mal sehen, wie gut ich bin.
00:11:10: Das ist ein sehr gutes Intro, finde ich.
00:11:12: Super.
00:11:13: Ja, für mich auch.
00:11:14: Darum geht's ein bisschen.
00:11:14: Ich glaube, alle können da so ein bisschen was rausziehen für sich, ob es jetzt nur die Musik ist oder der Text oder alles.
00:11:20: Wo beginnt deine Herkunft?
00:11:24: Ich glaube, meine Herkunft beginnt, begann erst so richtig für mich klar zu werden, als ich da nicht mehr war.
00:11:36: Als ich einen anderen Ort kennengelernt habe und verstanden habe, dass Leute anders aufgewachsen sind als ich.
00:11:43: Das ist erstmal natürlich klar.
00:11:45: Wir sind alle irgendwie anders aufgewachsen als andere.
00:11:49: Nur ist mir dann aufgefallen, dass Es nicht nur anders war, sondern dass es auch ein starkes Politikum ist.
00:11:56: Natürlich, weil es ein ganz anderes System war.
00:11:58: Es war ein anderes Wirtschaftssystem.
00:11:59: Es war ein anderes Gesellschaftssystem.
00:12:02: Und die Menschen haben einfach anderes erlebt.
00:12:05: Und ich bin unter diesen Menschen aufgewachsen.
00:12:08: Mit bestimmten Sichten auf die Welt, mit bestimmten Ausdrucksweisen.
00:12:14: Und hab das A erst mal lernen müssen, dass das so ist.
00:12:18: Und B habe ich ehrlicherweise auch ein bisschen was davon ablegen müssen.
00:12:22: Du bist ja viel neunzig geboren.
00:12:24: Und wenn du von der Gegend sprichst, dann redest du von Thüringen.
00:12:27: Bad Seidtsungen, habe ich das richtig.
00:12:30: Und ich war total überrascht, als ich deine Musik gehört habe.
00:12:34: Das ging für mich das erste Mal mit Jisunder Sun.
00:12:36: Dachte ich, ach krass, also aber der ist doch viel jünger als ich.
00:12:40: Wieso erlebt er das gleich, wie ich erlebt habe?
00:12:42: Hä?
00:12:43: Also ich bin neunundsevzig geboren.
00:12:45: Beschreib mal diese Gegend.
00:12:46: Also ist die bekannt, aber wenn man jetzt aus Kiel zuhört oder in München, oder wie kann man sich das vorstellen?
00:12:58: Also es ist ein ganz kleines Dorf, da wohnen so tausend Einwohner, würde ich sagen.
00:13:02: Ist ganz in der Nähe von Barzalzungen, genau.
00:13:05: Und was das Landschaftspiel als erstes erstmal prägt, ist... Die Kaliindustrie haben wir eben schon kurz übergesprochen, also da gibt es ganz viel Bergbau, da wird Salz abgebaut, was dann für Düngemittel verwendet wird.
00:13:16: Und da gibt es ganz viele Schächte, nennt man das, die in einiger Entfernung zueinander sind und wo eigentlich alle arbeiten, alle arbeiten da.
00:13:27: Also jeder kennt mindestens einen, der da gearbeitet hat oder es noch tut.
00:13:31: Also das ist total prägnant für das Landschaftsbild.
00:13:35: Es gibt diese weißen Berge, das hat man vielleicht schon mal gesehen.
00:13:38: Und das liegt in der Mittelgebirge, das ist die Rhön.
00:13:40: Also es gibt so kleine Berge, würde ich mal denken.
00:13:43: Also es ist so eher hügelig.
00:13:46: Und es ist extrem ländlich.
00:13:50: Also mit extrem ländlich manches ist es wirklich auch kaum eine Stadt in der Nähe.
00:13:53: Also Bezahlung ist die nächste Stadt und Bezahlung hat siebzehntausend Einwohner ungefähr.
00:13:57: Das war zumindest mein letzter Stand.
00:13:58: Und die nächste, die dann käme, ist Eisenach und das hat vierunddreißigtausend Einwohner, um die dreißigtausend.
00:14:03: Und da, wo ich herkomme, ist wirklich der ÖPNV auch so schlecht.
00:14:09: dass man da auch erst mal nicht wegkommt.
00:14:11: Das
00:14:11: ist immer noch so?
00:14:11: Ja.
00:14:12: Das heißt, man ist erst mal, bis man irgendwie selber irgendwo hinfahren kann.
00:14:17: Das ist so mit sechzehn.
00:14:17: Da machen alle irgendwie so einen Führerschein natürlich und fahren mit so Simson Sachen rum.
00:14:22: Und bis dahin ist man da erst mal.
00:14:23: Also es ist wahnsinnig nett.
00:14:24: Es ist sehr, sehr schön auch.
00:14:26: Also die Landschaft ist sehr, sehr schön.
00:14:27: Manchmal, wenn ich Freunden so Videos schick, dann sage ich, wo bist du denn?
00:14:30: Und dann sage ich, ich bin zu Hause.
00:14:31: Alter, so sieht es da aus.
00:14:32: Also alle sind auch sehr überrascht.
00:14:33: Ist total schön.
00:14:34: Also man kann aber auf der Straße in der Mitte laufen, kann Airpods drin haben mit Noise-Canceling und man wird nicht überfahren und braucht nicht nach hinten gucken.
00:14:41: Das ist so die prägnandeste Beschreibung.
00:14:45: Und wenn du an deine Jugend denkst, also... Da reden wir ja dann von zweitausend.
00:14:51: Also das wird ja dann irgendwann, wird ein Dessert bewusst.
00:14:53: Also wenn du sagst, okay, deine Herkunft, das ist die Quelle deiner Musik.
00:14:58: Da, also ... Wann fing das so an, dass du denkst, okay, jetzt hier beginnt eine Art von meiner Geschichte.
00:15:07: Und wie sieht die aus?
00:15:09: Ist das mit vierzehn, ist das mit zwölf, ist das eher?
00:15:13: Das begann eigentlich erst zu richtig.
00:15:16: Als ich angefangen habe, wirklich Musik zu machen.
00:15:19: So, als ich angefangen habe, diese IP zu schreiben.
00:15:22: Und das war immer das Thema, als gab es auf der IP schon, das Tor geht auf beispielsweise, was das thematisiert.
00:15:27: Ich habe das immer so in kleinen Dosen schon mal so thematisiert.
00:15:31: Und wusste auch immer, dass das meine größte Quelle ist.
00:15:34: Und habe mich aber jetzt erst auf diesem Album eigentlich so richtig, richtig damit beschäftigt.
00:15:39: Denn ich meine, in dem gar nicht in der Nachbeschäftigung, sondern auch wenn du ... in diese Zeit zurückgehst.
00:15:47: Also, ähm, vielleicht ist die Frage anders, wann war die Kindheit vorbei?
00:15:52: Also, wann fing so der Ernst des Lebens an, der ja jetzt das Tor aufmacht?
00:15:59: Der Ernst des Lebens fing eigentlich an, würde ich sagen, als ich so siebzehn war.
00:16:07: Da hab ich, oder sechzehn, schon war ich sechzehn.
00:16:10: Und hab dann eine Ausbildung begonnen.
00:16:14: als Industriemechaniker.
00:16:16: Weil jetzt kommen wir wieder zu dem Punkt, dass es eine sehr feste Gesellschaft war.
00:16:20: Es war für mich völlig klar, dass ich eine handwerkliche Ausbildung mache.
00:16:25: Das war für mich ein Gesetz.
00:16:26: Das war für mich wie mit sechs wird man eingeschult.
00:16:29: Da gab es nicht.
00:16:29: irgendwie können wir noch mal gucken oder das war klar.
00:16:32: So.
00:16:34: Und dann habe ich diese Ausbildung begonnen und stand da... Und jetzt, das meinte ich eben mit, wie geht der Weg dahin?
00:16:42: Stand da und hab so stundenlang an irgendeinem Stahlding rumgefeilt.
00:16:46: Und da hab ich aus dem Fenster geguckt und mich die ganze Zeit gefragt, was, wie geht das?
00:16:51: Und dann irgendwann, hab ich an einem Tag nach sieben Monaten meine Drehmaschine ausgemacht, bin zu meinem Lehrmeister und hab gesagt, ich geh jetzt nach Hause.
00:17:01: Und dann hab ich auch gar nicht gesagt, warum, es wirklich so passiert.
00:17:04: Ich hab gesagt, ich geh jetzt nach Hause.
00:17:06: Und dann hat er mich so anguckt und meine so ... Bist du krank?
00:17:11: Oder hab ich gesagt, ja.
00:17:15: Und dann bin ich nach Hause.
00:17:15: Mir ist auch gefallen, ich hab keinen Grund gesagt.
00:17:17: Ich hab immer gesagt, ich bin krank.
00:17:18: Dann hab das gelassen und dann begann der Ernsteslebens für mich.
00:17:23: Weil ich wollte das ja auch nicht abbrechen.
00:17:26: Ich wollte das ja nicht.
00:17:27: Ich hätte das auch fertig gemacht.
00:17:28: Aber dieser Drang war so stark, das zu machen, dass ich gesagt habe, ich muss das jetzt machen.
00:17:33: Ich muss das jetzt machen.
00:17:36: Und dann begann eine Phase, in die unglaublich wichtig war für mein Leben.
00:17:40: Und die unglaublich wichtig war für mein weiteres Fortkommen.
00:17:45: Weil ich dann mir überlegt habe, wie geht mein Leben jetzt weiter?
00:17:51: Und ich war in dieser Gesellschaft, von der ich das Gefühl hatte, die verlangt von mir, dass ich als Mann eine handwerkliche Ausbildung mache.
00:17:58: Und das ist die einzige Gesellschaft, die ich kenne.
00:18:00: Das
00:18:01: war ja die Gesellschaft deiner Heimat.
00:18:03: Ja,
00:18:03: genau.
00:18:05: Und dann ... bin ich unglaublich viel spazieren gegangen.
00:18:08: Ich hatte damals immer so einen kleinen Hund, mit dem ich gelaufen bin.
00:18:10: Ich bin so zwanzig, dreißig Kilometer gelaufen pro Tag und hab darüber nachgedacht, wie das jetzt geht.
00:18:15: Und bin irgendwann zu dem Entschluss gekommen, ich verlasse jetzt die Welt, die ich kenne und ich verlasse jetzt die Gesellschaft, die ich kenne.
00:18:24: Ich weiß nicht, was auf der anderen Seite ist, aber ich mach das jetzt.
00:18:28: Und das war extrem mutig, weil das die einzige Welt, das war die einzige Welt, die ich kannte.
00:18:32: Das ist genauso wie als ... würde ich jetzt alles zurücklassen und würde nach irgendwo anders hinziehen.
00:18:37: Kein Musiker mehr sein.
00:18:38: Also alles so was.
00:18:38: Also ich hab alles abgebrochen.
00:18:41: Und bin dann rausgekommen und hab mir dann überlegt, okay, ich will jetzt nochmal das richtig angehen und für Musik machen.
00:18:51: Und bin dann an freies Theater gegangen.
00:18:54: Also hab Abitur gemacht und bin dann an einen freies Theater gegangen, um da Musik zu machen, erst mal.
00:19:01: Wie haben deine Eltern reagiert darauf?
00:19:04: Meine Eltern haben da ... Also, die haben sich gefreut.
00:19:07: Ich glaube, für meine Eltern war es ein bisschen verwunderlich, dass ich das dachte.
00:19:12: Ich glaube, das war denen gar nicht so klar, dass ich das so in mir drin hatte, dass das sein muss.
00:19:24: Ja, so.
00:19:25: Du hast, wie gesagt, ich bin neunundsebzig, du vierneunzig.
00:19:32: Und du hast aber auch schon, das habe ich in der Vorbereitung gelesen, von deiner Schulzeit erzählt.
00:19:37: Auf einem neuen Album gibt es auch ein Song, wo du darüber singst, dass du in der letzten Reihe gesessen hast.
00:19:44: Und du hast erzählt von Züchtigung.
00:19:46: Und auch da bin ich total hellhörig geworden, weil ich das auch noch kenne.
00:19:50: So volle Möhre, Schlüssel schmeißen, jemanden aussetzen.
00:19:54: Und ich habe mich total, also so, mich gewundert, weil das eben noch immer so war.
00:20:00: Also das ist noch... ... fifteen Jahre später immer noch diese Gegend prägt, dass es immer noch die gleichen ... ... Lehrer und Lehrerinnen waren wie im Osten und die noch immer nach dem gleichen ... ... System gearbeitet haben.
00:20:14: Ist dir das in dem Moment auch bewusst geworden, hier ist ... ... oder war dir das bewusst, hier ist irgendetwas ... ... anders?
00:20:20: Also die Art, wie Lehrerinnen und Lehrer mit mir umgehen ... ... oder mit anderen Schülerinnen umgehen, das ist nicht normal.
00:20:26: Das ist irgendwie Züchtigung.
00:20:28: Also der Song, den du grade ansprichst, ist nicht autobiografisch, aber ich weiß total, was du meinst.
00:20:36: Ich habe, ja klar, ich hab das auch erlebt.
00:20:40: Und das große Problem war aber, dass ich das in meiner Grundschule erlebt hab.
00:20:44: Oh.
00:20:44: Und das war ein Moment in meinem Leben, in dem ich Menschen begegnen musste, die mir so geschadet haben, in einem Moment, in dem ich noch so wenig über das Leben wusste.
00:20:58: Das war schlimm, das war richtig schlimm.
00:21:00: Und da konnte ich das aber natürlich noch nicht wissen, weil da denkt man ja, das ist normal,
00:21:06: dass das
00:21:06: so passiert.
00:21:07: Also genau das, was du beschreibst, dass man Leute aussetzt, dass man also dieses stundenlange anschreien.
00:21:13: Also das war ein Ort, wo nur geschrien wurde, wo Leute in der Turnhalle rumgeschickt wurden und man musste so einen Spießroutenlauf machen, weil die nicht über den Bock gekommen sind und so was, solche Sachen.
00:21:25: So bis hin zu, also wirklich, keine Ahnung, ich hab mich wirklich in der Schule teilweise versteckt.
00:21:30: War ich da nicht hin, weil das war ganz furchtbar.
00:21:32: Und das kam natürlich auch aus dieser Zeit.
00:21:35: Ich hab hier mal mit deinem Schreiber drüber gesprochen, neben den Autoren.
00:21:38: Und da gab's eine Lehrerin, die ihn unglaublich trangsaliert.
00:21:43: Ich kenn die Feuerwehr.
00:21:44: Ja.
00:21:44: Und ich hab ihn das damals auch gefragt und frag dich das jetzt.
00:21:50: Was glaubst du, woran das liegt?
00:21:52: dass diese Menschen, also das Lehrerinnen und Lehrer, die ja eigentlich, und ich hab das nicht so krass erlebt, aber ich kenne auch auf jeden Fall sadistische Tendenzen in meiner Schulzeit.
00:22:04: Was ist da los gewesen?
00:22:05: Ist das also ... Ich meine, man ... das sind Kinder.
00:22:11: Wir waren Kinder.
00:22:12: Total schwer zu sagen, woher das kommt.
00:22:15: Ich glaube, es ist total schwer zu sagen.
00:22:20: Dann müsste ich mich jetzt in ein Feld begeben, was ich nicht gelernt habe.
00:22:24: Seid ich irgendwie, du.
00:22:25: Willkommen in der Filmatze.
00:22:29: Ich glaube, dass man nach neunundachtzig einfach eine neue Pädagogik aufbekommen hat, aber mit alten Personal.
00:22:37: Was ein bisschen eine andere Vorstellung davon gehabt hat, wie man mit Kindern umgeht.
00:22:41: Das war ja bei Daniel auch so.
00:22:42: Daniel ist ja auch im Osten aufgewachsen.
00:22:44: Ich glaube, das war einfach ein bisschen der Art und Weise, wie man mit Kindern umgegangen ist.
00:22:48: Dass man gesagt hat, wenn der das nicht hört, dann müssen wir mit der flachen Hand mal richtig auf den Tisch hauen, dann läuft er auch wieder rund.
00:22:55: Wenn man die mal richtig angebrüllt hat, dann versteht er das schon.
00:22:57: Der muss das mal spüren, das ist und so weiter.
00:23:00: Also, da war jetzt nicht so viel mit Empathie, sondern da war ordentlich ein, reilig ein.
00:23:06: Und es hatte immer auch ein bisschen was Militärisches.
00:23:10: Da gab es ja so eine Zeit, Nur, wo ich mir so denke, vielleicht kommt es daher.
00:23:14: Hast du mit deinen Eltern darüber reden können?
00:23:18: Da hab ich mit meinen Eltern noch nicht so viel darüber gesprochen.
00:23:20: Nee.
00:23:22: Also ich war auch völlig desillusioniert, was Schule betrifft.
00:23:25: Wenn du sowas in der Grundschule hast und sowas siehst, da hast du keinen Bock mehr auf Schule.
00:23:29: Ja.
00:23:29: Da willst du... Also ich hab das dann trotzdem viel gemacht und war auch dann Gott sei Dank wieder gerne in der Schule irgendwann.
00:23:35: Und hab auch natürlich dann Abi gemacht und so.
00:23:38: Aber das war schon... Also... Da ist auf jeden Fall Schule kein Ort des Lernens mehr und der Bildung da ist Schule ein Ort von Hass und Züchtigung und Erniedrigung auch und das ist ja also wie gesagt hat man keine Lust mehr drauf.
00:23:57: Ich glaube aber das war dann irgendwann auch vorbei und es ging dann irgendwie anders weiter.
00:24:05: Sind die Lehrer immer noch da?
00:24:06: Das weiß ich nicht
00:24:07: mehr.
00:24:08: Also ich bin in den Baseballschläger jahren.
00:24:11: groß geworden.
00:24:12: Und da gab es sozusagen auch viel Gewalt, aber die war gelebelt im Grunde zwischen Duzecke und wieder Störkraftfans.
00:24:27: So ganz Pauschal.
00:24:28: Und es hatte irgendwie den Anschein, es würde hier um irgendwas gehen, um irgendeine politische Auseinandersetzung, aber eigentlich war es, wir hauen den aufs Maul.
00:24:40: Das hast du auch erlebt, glaube ich, in der, also so mindestens höre dich das Interessant, das San, dem Song raus, dass es da auch um eine Art von Gewalterfahrung geht.
00:24:50: Ist das dann ein Weitergeben von dem, was man da selber erfahren hat?
00:24:56: Also, was waren die Beweggründe bei euch, jemanden zu klatschen, wie man bei uns sagte?
00:25:00: Ja, also bei mir war es nicht so politisiert.
00:25:03: Ja, das dachte ich mir.
00:25:04: Die
00:25:04: Gewalt ist aber natürlich trotzdem da gewesen.
00:25:07: Ich glaube nicht, dass das aus dieser Züchtigung, aus der Schule kommt.
00:25:11: Man muss auch dazusagen, das haben jetzt auch nicht alle erlebt.
00:25:12: Also nur die, die irgendwie was gemacht haben oder in den Augen der Lehrerinnen irgendwas gemacht haben.
00:25:19: Da muss jetzt kein wirklich objektiven Grund geben.
00:25:25: Aber natürlich hat man das erlebt.
00:25:26: Und das gab es und das war auch ständig um mich rum.
00:25:31: Ich glaube, es ist... Ich glaube, dass Gewalt und auch... Alkoholkonsum beispielsweise.
00:25:42: Immer dort sehr stark ist, wo das Gegenangebot fehlt.
00:25:45: Also, ich würde jetzt nicht sagen, dass es bei mir eine große Bandbreite an Vereinen gab beispielsweise.
00:25:51: Dass man die Wahl hatte zwischen Basketball, Tennis, Fußball.
00:25:55: Es gab nur Fußball.
00:25:57: Und es gab nichts anderes.
00:25:58: Und dann will man ja aber trotzdem irgendwie was erleben.
00:26:02: Man will ja irgendwie trotzdem sich erfahren.
00:26:06: Man will irgendwie Erfahrung machen.
00:26:07: Man will irgendwie ein Abenteuer erleben.
00:26:10: Und dann gibt es eigentlich nur zwei Sachen, die dir zur Verfügung stehen.
00:26:15: Das ist Alkohol.
00:26:16: Das kannst du machen.
00:26:18: Da erlebst du auf jeden Fall was.
00:26:20: Oder, und das kommt dann meistens in Verbindung, dass man irgendwo hingeht und die Leute dann irgendwo hingehen und eine Stegerei anzetteln und sich aufs Maul hauen.
00:26:31: Das sind die zwei großen Erlebnisparks, die es gab.
00:26:34: Wahnsinn eigentlich.
00:26:36: Du hast jetzt keinen, würde ich sagen, meinen nur ostdeutschen, ostdeutsch geprägten Freundeskreis.
00:26:43: Wenn du da mit Kollegen, Kolleginnen drüber sprichst, haben die das auch erlebt?
00:26:47: Bei meiner Frau war das nicht so.
00:26:48: Dies aber ist eine Frau.
00:26:52: Aber ich kenne das eigentlich tatsächlich nur aus ostdeutschen Erzählungen.
00:26:55: Ich kenne das nicht in dieser Brutalität.
00:26:59: Kenne ich nicht von westdeutschen Biografien.
00:27:03: Ich weiß es nicht.
00:27:04: Ich könnte mir vorstellen, dass es ... in Gegenden, die sehr männlich sind und auch Männer dominiert sind, das ist ja in Ostdeutschland so, es gibt ja einfach in Ostdeutschland viel mehr Männer als Frauen, dass das auch dazu führt, dass das vielleicht der Grund ist.
00:27:17: Ja.
00:27:19: Ja klar, also so Schlägereien gibt es natürlich auch in Westdeutschland.
00:27:22: Genau, aber nicht mal diese Jugendschlägereien, man verabredet sich zum Grund, jemanden aufs Maul zu hauen und so was.
00:27:29: Also das ist das eigentlich das Absurde daran,
00:27:33: dass
00:27:33: das ... ja.
00:27:34: Wann hast du dich zum ersten Mal so zugehörig gefühlt, irgendwo zu einer Gruppe?
00:27:38: Also, man muss sagen, ich hatte trotz allem, trotz dieser Dinge, die ich jetzt gerade beschrieben hab, immer auch schon so sehr viele Freundeskreise.
00:27:45: Und bin auch immer so in zwischen denen so hin und her gehüpft.
00:27:47: Also, ich hatte dann irgendwann so ein sehr musikaffin Freundeskreis.
00:27:52: Ich hatte dann natürlich irgendwie Fußballspielen gegangen.
00:27:54: Aber so richtig, dass ich gemerkt habe, hier ist ein Ort für mich war, als ich ... ...in ein Theater gekommen bin.
00:28:01: Ich wollte eigentlich auch gar nicht ein Tauschspiel machen.
00:28:03: Ich hatte mit Tauschspiel auch gar nichts zu tun.
00:28:04: Ich war zweimal in meinem Leben in Theater vorher.
00:28:07: Aber hatte irgendwie so das Gefühl, ich brauche jetzt irgendwie mal so ein Ort, um Musik zu machen.
00:28:11: Und das war wirklich Zufall.
00:28:12: So, weil es gab irgendwie jetzt keine großen schwarzen Bretter, wo man eine Band hätte gründen können.
00:28:16: Ich war irgendwie auch noch, hatte jetzt noch nicht so den Drive, so krass Musik selbst zu machen oder hätte jetzt auch nicht gewusst, wie das gehen soll.
00:28:26: Weil ich am Anfang dachte, man braucht eine Band und dann war irgendwie ein Tade, irgendwie eine gute Option, weil da gab es irgendwie Texte, es gab irgendwie auch ganz früh Leute, die mir sehr vertraut haben, die gesagt haben, ja, mach du das mal, mach du das mal.
00:28:39: Und dann hatte ich da sehr früh ganz viel Verantwortung.
00:28:43: Und das war so ein Ort, wo ich gemerkt habe, so, das ist... ein Ort, der für mich ist.
00:28:49: Ich weiß es noch genau, wie ich das erste Mal reingekommen bin.
00:28:51: Ich kam rein, Mittwoch, die ist noch in Eisenach im Theater am Markt.
00:28:57: Das ist ein ganz kleines Theater.
00:28:59: Das haben zwei Leute gegründet aus dem Staatsschauspiel.
00:29:01: Die haben so ein altes Hotel eigentlich mehr oder weniger durchgerissen, also so Wände rausgehackt und so und haben unten so eine Bühne reingeworfen.
00:29:08: Ganz, ganz toll.
00:29:09: Ich kam da rein und hab dieses Licht gesehen.
00:29:12: Ich hab so richtig gemerkt, das ist ein Ort, der für mich gemacht ist.
00:29:16: Und es war auch so.
00:29:19: Voll geil, dass du so offensichtlich auch wirklich, also zumindest sehr wach durch die Welt, durch deine Weltläufe zu wissen, okay hier, hier endet jetzt was.
00:29:33: Also wie du das erst von deiner Lehre erzählt hast oder zu wissen, jetzt verlasse ich die Gesellschaft, wie ich sie kenne.
00:29:41: Ich glaube immer, dass es so was solche Momente gibt, aber den wenigsten ist das so... bewusst.
00:29:45: Ich glaube, das hat was mit einer Sensibilität zu tun oder mit einem sowieso was künstlerischen.
00:29:50: Ich glaube, das Wissen können wenige so benennen, wie du das benennen kannst.
00:29:54: Das beeindruckt mich gerade, dass du das so kannst, dass du so weißt, das war ein Moment und das war eine Begegnung.
00:30:01: Danke.
00:30:01: Ja, ich glaube, es ist natürlich auch in der Retrospective so.
00:30:04: Ich glaube, ich weiß gar nicht so sehr, ob das in dem Moment mir klar war, beim Theater war es so.
00:30:10: Aber beispielsweise jetzt mit dieser Grundschule.
00:30:12: Das ist mir erst so ein Jahr später aufgefallen, dass mir dachte, so ist kein anderer aufgewachsen.
00:30:17: Das hat kein anderer in seiner Grundschule erlebt, wenn ich immer so nach links und rechts gucke, dass da Leute Bücher auf den Schädel bekommen haben und so was.
00:30:22: Also das war sich jetzt nicht.
00:30:25: Es war schon jetzt ein Einzelfall, Gott sei Dank.
00:30:28: Ja,
00:30:28: aber es ist irgendwann aufgefallen mit dem Kindergarten sogar, dass da, dass man da irgendwann gemerkt hat oder viel später, also ihm erzählen mit anderen so, was das war bei euch auch so, dass man irgendwie so im Bad schlafen musste, wenn man irgendwie laut war und alle mussten immer in eine Ecke gucken und die Hand unter den ... Unter die Wange legen, damit man sich wenig anguckt und so weiter.
00:30:50: Das war schon ... Als ich es erst mal meiner Frau erzählte, dann bin ich so, ich bitte, sofort, was ist denn das für eine ... Was ist das denn da?
00:30:59: Also deine Eltern oder beziehungsweise dein Vater ist DDR-flüchtig gewesen.
00:31:06: Wann habt ihr da das erste Mal drüber geredet?
00:31:08: Wann ist das Thema der Familie geworden?
00:31:11: All Thema der Familie war es natürlich schon länger.
00:31:15: Dass ich das erste Mal mit ihm drüber gesprochen habe, das war mit sechs, sieben.
00:31:22: Zu früh.
00:31:23: Ja.
00:31:24: Also, jetzt natürlich nicht in den Details und in den Einzelheiten, aber man interessiert sich dann schon dafür.
00:31:30: Weil man fährt natürlich auch dann an so Relikten vorbei.
00:31:33: Man sieht dann noch mal so ein Grenzturm.
00:31:36: Man hat noch mal so ein kleines Stück Zaun, was stehen gelassen wurde, wie er auch in Berlin auch.
00:31:39: Das kennt man ja auch von Berlin, dass man mal so ein Stück Mauer steht.
00:31:43: Und dann fragt man das schon irgendwann mal nach.
00:31:47: Das war, glaube ich, der erste Kontakt, den ich damit hatte.
00:31:49: Und man fand das so das richtige Gespräch statt.
00:31:51: Also gab es das irgendwann oder ist das so eine Art von Familiengeschichte, die sich weiter so puzzelmäßig zusammensetzt?
00:32:00: Es kommt mir vor wie ein Puzzle.
00:32:03: Es gab jetzt mal natürlich das Album raus.
00:32:06: Da haben wir natürlich super intensiv gesprochen.
00:32:07: Ich breche jetzt mal von der Zeit davor.
00:32:09: Da war es eher ein Puzzle, dass man so gemerkt hat, da gibt es eine Geschichte.
00:32:15: Man wächst so damit auf, dass das gibt es.
00:32:17: Wenn man weiß, man ah, das ist mal passiert, okay.
00:32:21: Und dann wird es aber immer so mehr und immer mehr.
00:32:24: Und jetzt bei diesem Album haben wir sehr, sehr viel darüber gesprochen, aber erst so richtig.
00:32:31: Du hast ein Stück geschrieben, das heißt, siebzehnte Juli, neunundachtzig.
00:32:34: Das heißt, er ist ein paar Monate vor dem Mauerfall geflüchtet.
00:32:41: Wenn ich das so richtig in Erinnerung hab, war er irgendwie Mitte zwanzig.
00:32:44: Genau, dreinzwanzig, ja.
00:32:46: Hat er seine Umgebung so wahrgenommen wie du und wollte deswegen weg?
00:32:54: Du hast stehen lassen und hast gesagt, ich verlasse diesen Ort.
00:33:01: Genau, aber bis auf das Verlassen kann man es nicht vergleichen.
00:33:04: Weil mein Vater keine Lust hatte, den Sozialismus in seinem Lebenslauf stehen zu haben.
00:33:09: Und wenn man darauf keine Lust hat, dann wird man natürlich nach außen gedrängt.
00:33:16: dann schwinden die Jobmöglichkeiten, die Aufstiegschancen sind weg.
00:33:20: Und dein Leben wird immer schwieriger.
00:33:23: Und dann gibt es eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten.
00:33:30: Also, wenn man so weit draußen ist und sich gegen den Staat wehrt, dann kann man einen Ausreiseantrag stellen oder man kann fliehen.
00:33:37: Ausreiseantrag kam von meinem Vater nicht in Frage, weil er schon zur NVA gezogen wurde.
00:33:42: Also, er hatte schon den Einberufungsbefehl in die Kassen.
00:33:44: Also, die nationale Volksarmee.
00:33:45: Genau.
00:33:47: Wenn man dann einen Ausreiseantrag stellt, dann wäre er sofort zur Armee gezogen worden.
00:33:52: Ah.
00:33:52: Ja.
00:33:53: Das heißt, er konnte keinen Ausreiseantrag stellen, das war keine echte Option.
00:33:57: Weil sie hätten ihn dann sofort gezogen, dann wäre er bei der Armee gewesen, dann hätte er diesen Dienst machen müssen.
00:34:01: Ja.
00:34:02: Und danach hätten sie ihn auch nicht rausgelassen, weil sie dann gesagt hätten, er ist Geheimnisträger der Deutschen Demokratischen Republik, besitzt quasi interner.
00:34:10: und kann es nicht rausgelassen werden.
00:34:11: Ach krass, du durftest, das wusste ich gar nicht.
00:34:13: Du darfst, du durftest, also die Option wäre unter Umständen gewesen, wenn sie dich rausgelassen hätten vor der Armeezeit, aber er wäre eingezogen worden.
00:34:25: Krass, ja.
00:34:26: Genau.
00:34:27: Das ist natürlich dann klar, das Druckmittel, dass wenn man sagt, der Ausreiseantrag kann nicht bearbeitet werden, weil jetzt geht es erst mal zur Armee.
00:34:35: Hat er denn selbst unter dem Sozialismus, also ich kenne Natürlich Leute, die da sehr drunter gelitten haben, ich kenne aber auch, also ich bin in ähnlichen Umgebungen aufgewachsen in Brandenburg, aber bei uns auch, in zweitausend Sehendorf.
00:34:56: Und man konnte da schon gut unterm Radar leben.
00:34:59: Also insofern, man kannte sich, man hat sich untereinander geholfen mit den Materialen, die man irgendwie gebraucht hat und so weiter.
00:35:08: Also für mich war der Staat, der hat sich dann erst später auch durch die Lehrer gezeigt, ähnlich wie bei dir.
00:35:13: Aber während, ich war dann zehn, als die Mauer gefallen ist, das spielte einfach im Grunde keine Rolle.
00:35:21: Also für meine Eltern auf jeden Fall nicht.
00:35:24: Man ist so ein bisschen eingezogen unterwegs gewesen.
00:35:27: Warum kam das für deinen Vater nicht in Frage, einfach seinen Dingen auf den Dorf zu machen?
00:35:32: Das würde ich dir gerne beantworten, das kann ich dir nicht beantworten.
00:35:36: Also er musste einfach weg.
00:35:38: Ja.
00:35:40: Weißt du wann, also wie lange dauert?
00:35:42: so was, wenn man sagt, ich, also ich meine, es kommt ja, ich will das Land verlassen.
00:35:46: Und das ist, da können wir jetzt, können wir sagen, wir wollen das Land verlassen und wir sitzen uns in die S-Bahn, fahren uns im Flughafen und weg sind wir.
00:35:54: Es ist das einfachste der Welt.
00:35:55: Wie war das damals?
00:35:57: Das war gar nicht möglich.
00:35:59: Also für meinen Vater, ich spreng jetzt über meinen Vater.
00:36:01: Das ging natürlich gar nicht.
00:36:02: Also das ist schon so, dass man ja gar nicht an die Grenze rangekommen ist.
00:36:07: Ich hab jetzt auch mit vielen Zeitzeugen gesprochen.
00:36:09: Es war auch in Berlin, um bei dem Beispiel zu bleiben.
00:36:12: Sobald man irgendwie ein Stück Mauer gesehen hat, hatte man schon eine Hand auf der Schulter, die ich nach dem Ausweis gefragt hat.
00:36:17: Also, man kam ja gar nicht raus.
00:36:19: Also, es ist eine ganz andere Situation.
00:36:23: Also, du hast erst ein bisschen erzählt, wie das bei euch aussieht.
00:36:25: Wie nah war die Grenze?
00:36:27: Also, wie sehr habt ihr den Westen oder hat dein Vater den Westen gesehen?
00:36:32: Das ist ein guter Hinweis, weil diese Gegend auch im DDR-Sinne besonders war, weil sie lag im Sperrgebiet.
00:36:37: Das Sperrgebiet ist quasi das Gebiet vor dem Grenzzaun, vor der Mauer.
00:36:42: Da ist man ja auch nicht hingekommen.
00:36:43: Man ist ja nicht nur an dem Zaun war Schluss und man hat dann durch den Zaun gesehen, ah, hier ist Schluss, sondern es gab schon vorher ein sehr weitläufig abgestecktes Gebiet, wo man nicht reingekommen ist.
00:36:54: Und normalerweise wurden diese Dörfer umgesiedelt während des Mauerbaus, z.B.
00:36:59: des Zauns.
00:37:01: Das ging aber in meiner Region nicht, weil A. sehr viel Industrie da war und man hat diese Menschen gebraucht und es waren auch so viele, dass man sie nicht umsiedeln konnte.
00:37:08: Deswegen hat man ihnen gesagt, okay, ihr dürft bleiben.
00:37:11: Ihr besitzt jetzt einen Ausweis, also ein Sperrgebietsausweis, den musste man immer mit sich führen.
00:37:15: Und wenn man den nicht mit sich geführt hat, ist man verhaftet worden.
00:37:18: Mein Vater ist ein paar Mal auch mit Skiern einfach unterwegs gewesen, dann haben die den aufgegriffen, dann hat er seinen Ausweis nicht dabei gehabt und dann ist er mit auf die Wache gekommen.
00:37:26: Und dann haben die den abgeführt in Handschellen.
00:37:29: Also das war kein Spaß.
00:37:30: Das war eine militärische Zone, die die verteidigt haben.
00:37:33: Ja, cool, okay, dann ist es natürlich, aber wenn man sowas erlebt, also wenn du schief fährst und du wirst am wieder nach irgendwie verhaftet, weil du irgendwie den Ausweis nicht dabei hast, dann merkst du ja schon, okay, das ist irgendwie schwierig.
00:37:45: Genau, aber das noch kurz zu erzählen.
00:37:47: Auch wenn man im Sperrgebiet gewohnt hat, es war natürlich trotzdem nicht möglich, diese Grenze einzusehen gut.
00:37:52: Also mein Vater hat schon vor der Flucht wahnsinnig viel diese Grenze beobachtet und hat geguckt, wo ist hier was, wo ist eine Postengruppe, wie oft fährt die durch?
00:38:00: Und das Beobacht war natürlich auch extrem schwierig, weil wenn du ein Fernglas dabei hast in Grenzenähe, dann gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten, die eine ist, du bist Jäger und die andere ist, du willst abhauen.
00:38:09: Wenn die dich aufgreifen und die fragen dich, ob du auf Jagd gehst und du sagst, nein, dann wissen die, was du vorhast, sonst hat man kein Fernglas dabei.
00:38:16: Also zumindest nicht so ein großes, um Vögel zu beobachten vielleicht, aber das kann man denen dann auch erzählen.
00:38:21: Das haben die wahrscheinlich noch noch nie gehört.
00:38:23: Und das war extrem schwierig.
00:38:24: Mein Vater hat in der Nacht noch mal so ein kleines Dreieck gesehen, in der Nacht davor.
00:38:30: Noch mal so ein kleines Dreieck gesehen, in dem Bäume abgeholt waren.
00:38:34: Weil es wurde auch wahnsinnig viel abgeholt für die Grenze.
00:38:36: Und er hat eine Baumreihe gesehen, die war ganz klein.
00:38:39: Und hinten, aber im Fernglas war es ein kleines Dreieck, wo die Bäume normal groß waren.
00:38:44: Wo man gesehen hat, so groß waren die mal.
00:38:47: Und dann hat er sich gedacht, das ist die Stelle, wo ich rüber muss.
00:38:50: Weil das, von da nach da, das sind so ungefähr zweihundert Meter.
00:38:54: Oh, krass.
00:38:55: Das schaff ich.
00:38:56: Und der hat es beobachtet, beim Fernglas hat durchgeguckt.
00:39:00: Weißt du, wie lange er geplant hat?
00:39:02: Lange.
00:39:03: Sehr lange.
00:39:04: Also erst mal alleine nur die Lage, um zu checken, wo was ist.
00:39:09: Man muss sich das auch vorstellen, man war da noch nie.
00:39:10: Wo man später mal unter Adrenalin ... durch muss, wo man langrennen muss und verfolgt wird mit Hunden, einem riesigen Suchscheinwerfer, einem Lkw, einem PKW, unten im Motorrad mit Beiwagen.
00:39:20: Und was weiß ich, wie vielen Soldaten?
00:39:23: Da war man vorher noch nicht.
00:39:25: Jetzt kann man sich denken, wenn man mal im Wald war, man läuft mal ein Stückchen links in den Weg rein und dreht sich dreimal im Kreis.
00:39:32: So, finden wir wieder raus.
00:39:34: Und mein Vater hat zum einen diese Grenze sehr oft beobachtet und hat sich schon so ein Zeitplan gemacht, wann, wo es gut ist.
00:39:40: die Grenze zuobachten.
00:39:41: Sonntags schlecht, weil viele Familien dann patrouillieren die natürlich und gucken auch mal vor den Grenzzaunen, wer da so rumläuft und was da so los ist.
00:39:49: Dann kam mein Vater etwas zugute, weil er dann bei der LPG gearbeitet hat, also weil der Landwirtschaft die Produktionsgenossenschaft, das würde man heute sagen, das ist so der Agrasektor.
00:39:57: Und das Gras zwischen den beiden Zäunen, es gab zwei Zäune, und zwischen den beiden Zäunen
00:40:03: wuchs
00:40:03: Grasgestrüpp, was auch immer.
00:40:06: Und das wurde immer höher mit der Zeit, weil es so schwierig war, für die Nationale Volksarmee das kurz zu halten.
00:40:11: Und irgendwann haben die einen Deal gemacht mit der RPG, dass die gesagt haben, okay, ihr könnt die Kühe da reinmachen oder irgendwie das Vieh, was ihr habt, könnt ihr zwischen diese beiden Zäune bringen, die fressen das kurz und abends holt ihr das wieder raus.
00:40:23: Natürlich unter strenger Bewachnung und so mit geladener Waffe und so weiter.
00:40:28: Und mein Vater konnte dann schon mal so ein bisschen auskundschaften, wo hier was ist und konnte schon mal auch so sein Finger in den ... in den Zaun so reinhalten und mal gucken, was das so ist, was das Material ist und so weiter.
00:40:38: Und dann war das so, das sieht man in so manchen Museen, das ist so so rautenförmig gewesen.
00:40:44: Und mein Vater hat dann gedacht, okay, das Beste ist wahrscheinlich das zu machen mit so drei Haken.
00:40:48: Und er hat sich dann so aus so einem Flacheisen, also ist ungefähr so groß wie so ein L, so drei Stücke gebaut und hat sich dann einen Streckmetall besorgt.
00:40:56: So hieß das Material dieses Zauns, hat das zu Hause auf eine Werkbank gehacken und hat dann Stunden lang gefällt daran an diesen Haken und hat die immer wieder eingehangen, probiert, ausgehangen, eingehangen, probiert und so weiter.
00:41:08: Um zu gucken, dass es hält.
00:41:09: Und
00:41:09: zu gucken, dass es hält, genau.
00:41:12: Und dann hat mein Vater diese Haken reingesteckt und er hatte einen Prototyp sozusagen, der noch in der Werkbahn gesteckt hat.
00:41:20: Und als klar war, dass mein Vater abgehauen ist, ist mein Großvater zu uns gekommen und hat diesen Haken gefunden.
00:41:28: und hat den im Schweinefutter unten versteckt, damit die Stasi ihn nicht findet.
00:41:31: und sie haben ihn gefunden.
00:41:32: Sie haben ihn gefunden?
00:41:33: Sie
00:41:33: haben ihn gefunden, ja.
00:41:33: Also deine Mutter wusste davon?
00:41:35: Ja.
00:41:36: Waren die verheiratet?
00:41:36: Ja.
00:41:37: Wussten andere Familienmitglieder davon?
00:41:40: Nee.
00:41:40: Nee.
00:41:41: Wussten nur deine Mutter und er?
00:41:43: Ja.
00:41:44: Ist dann für jemand, der die Republik flüchtig geworden ist, dann für die Familie natürlich ein absoluter Horror, wenn sie Mitwisser gewesen wären?
00:41:50: Ja.
00:41:51: Ja, deswegen erzählte man das nicht.
00:41:52: Das ist auch
00:41:53: so ein Horror.
00:41:54: Wir mussten das gar nicht wissen, wo wir auch wieder beim Thema Schule sind.
00:41:57: Also, das sind Teile meiner Familie.
00:41:59: dann am Tag, als das klar war, wurde dann auch gesagt in der Schule, einmal bitte aufstehen, du musst ja aufstehen.
00:42:07: Und dann haben die gesagt, wir haben jetzt seit heute einen Landesverräter in der Klasse, setzen.
00:42:12: Wirklich?
00:42:13: Ja, setzen.
00:42:15: So, also.
00:42:16: Und wer war das in der Familie?
00:42:18: Mein Onkel.
00:42:19: Dein Onkel war das.
00:42:20: Lass uns doch vielleicht, um ein bisschen ... Luft in den Raum zu
00:42:25: kriegen.
00:42:28: Nicht das Thema Wechseln, sondern das Lied hören, was du dazu, was du darüber geschrieben hast.
00:43:31: Und wenn sie dich holen musst du sagen Du weißt nicht wo ich bin.
00:43:58: Ich wusste nichts davon.
00:44:03: Ich bin vom Fernsehen eingepen.
00:44:06: Und du bist schon mal ins Bett.
00:44:08: Das war nichts Ungewöhnliches.
00:44:10: Und da morgen war ich weg.
00:44:13: Wenn sie mich holen, muss ich sagen.
00:44:15: Ich weiß nicht, wo du bist.
00:44:17: Siebzehnte Juli, keine Ahnung.
00:44:20: Ich wusste nichts davon.
00:44:22: Er ist vom Fernsehen eingepen.
00:44:25: Und ich bin schon mal ins Bett.
00:44:27: Das war nichts Ungewöhnliches.
00:44:30: In den Nacken, in den Zaun, fast dabei nackt.
00:44:40: Ein Posten schlägt Alarm, dann kreisen Lichter über.
00:44:46: Das selbe im Tag, der letzte Zaun in sich, einfach dasselbe noch einmal.
00:44:54: Im Vorspring durch die Äpfel, pflanzen, wickeln sich ums Bein, als wollen auch sie ihn hier behalten.
00:45:03: Dann hoch auf den zweiten Zaun, lässt sich weilen, in das Gras zu schliefen.
00:45:15: Alles anders hier, Und wenn sie dich holen musst du sagen Du weißt dich wo ich bin, siebzehnte Juli keine Ahnung Du wusstest nichts davon, ich bin vom Fernsehen eingebitten Und du bist alles bettagswahr nicht ungewöhnliches Und am Morgen war ich weg.
00:45:53: Wenn sie mich holen muss ich sagen Ich weiss dich wo du bist, siebzehnte Juli keine Ahnung Ich wusstest nichts
00:46:36: davon, ich Ist das für dich eine Heldengeschichte?
00:47:04: Das ist eine Geschichte, die entstanden ist aus einer großen Not heraus, sein Leben leben zu wollen.
00:47:13: Und es ist eine Geschichte aus einer Diktatur.
00:47:19: die auf Geist und Körper eingewirkt hat.
00:47:24: Ich verstehe den Aspekt, aber wir haben jetzt über den gesprochen, der geflüchtet ist natürlich, aber dieses ganze Romarum, auch das, was ich jetzt gerade erzählt habe mit dieser Schule, das ist furchtbar.
00:47:37: Und da gibt es nicht so richtig Helden in dieser Geschichte, würde ich sagen.
00:47:44: Also der Held wäre, dass jemand etwas macht und er besiegt das große Ungeheuer und dann ... steht am Ende der Sieg da und alle freuen sich.
00:47:55: Es haben sich nicht alle gefreut, weil es einfach unglaublich schwer war und dieser Staat einfach den Leuten danach zur Hölle gemacht hat, das Leben.
00:48:03: Ich lasse uns einmal noch mal kurz in dieser Nacht noch mal bleiben.
00:48:05: Gerne.
00:48:06: Du
00:48:06: hast über die Hagen gesprochen, da singst du auch drüber.
00:48:10: Was auf dem Spielstand war?
00:48:12: ein fünf Jahre Haft.
00:48:14: Hätte es aber auch sein können, dass er einfach erschossen
00:48:16: wird.
00:48:16: Ja.
00:48:17: Also stand auch sein Leben auf dem Spiel, in dem er das gemacht hat.
00:48:20: Ja.
00:48:22: Absolut.
00:48:22: Mein Vater ist über den zweiten Zaun rüber und ist dann parallel zur Grenze gelaufen.
00:48:29: Und ist dann aber wieder umgedreht, weil er gedacht hat, ich bin genau in Schusssituation.
00:48:32: In
00:48:33: Schusslinie.
00:48:34: Und ist dann von der Grenze weggelaufen.
00:48:37: Aber klar, die schießen dann.
00:48:38: Die fragen auch nicht vorher, so stehen bleiben oder Haltstopp oder die schießen sofort.
00:48:43: Ich habe eine Zeit, die ich nicht so richtig verstanden habe, fast dabei in einen Draht.
00:48:47: ein Posten schlägt Alarm.
00:48:49: Das heißt, es ist schon aufgefallen.
00:48:51: Also so hab ich's verstanden jetzt.
00:48:52: Es war klar, da ist jemand, der irgendwie rüber macht.
00:48:55: Genau, also der Ablauf ist so.
00:48:56: Es gibt zwei Grenzzäune.
00:48:58: Vor dem ersten Grenzzaun gibt es eine geächte Stelle.
00:49:00: Das heißt, da ist Erde gerecht, wie in so einem japanischen Garten kann man sich das vorstellen.
00:49:06: Und das ist so breit, dass man da drauf treten muss.
00:49:09: Also man kann nicht drüber springen, man muss da drauf.
00:49:12: Und dann sehen die einen Fußabdruck.
00:49:13: Und dann können die genau nachprüfen, wo jemand durchgebrochen ist.
00:49:19: Der erste Zaun hatte einen Alarmdraht, in dem man fassen musste.
00:49:24: Das heißt, man konnte nicht da hoch klettern, ohne einmal irgendwie den Zuberührer da reinzugreifen.
00:49:29: Da waren früher auch die Selbstschussanlagen dran.
00:49:32: Wenn man in diesen Draht fasst, ist sofort Alarm.
00:49:35: Dann rückt die Postengruppe aus, die immer patrouilliert sind im ... Das weiß ich jetzt nicht genau, in welchen Minuten tagt, aber die sind natürlich regelmäßig diese Posten abgefahren und haben dann einen Sprecher gehabt und haben gesagt, angekommen.
00:49:47: Dann sind die weitergelaufen, angekommen und so weiter.
00:49:51: Als er in diesen Draht gefasst hat, war sofort Alarm.
00:49:53: Dann ist eine Postengruppe ausgerückt.
00:49:55: Das war ein Trabi, ein Motorrad mit Beibagen und ein Lkw mit so einem riesigen Suchscheinwerfer hinten drauf.
00:50:03: Und die sind dann ausgerückt und haben ihn gesucht.
00:50:06: Mein Vater hatte sich eigentlich eine andere Stelle, auf die er in der Nacht vorhergekommen ist, ausgesucht.
00:50:13: in einem Waldstück, wo es ein bisschen bergauf ging und der Gedanke dahinter war, dass er sich dann immer mal so ein bisschen verstecken kann irgendwo im Unterholz.
00:50:19: Und wenn er das gemacht hätte, hätte er es nicht geschafft.
00:50:22: Weil du hast dann keine Zeit mehr ab da.
00:50:24: Und wenn du anfängst dich irgendwo zu verstecken, die finden dich.
00:50:27: Weil dieser Suchscheinwerfer, das hat mein Vater dann gesehen, der war dann schon unten auf so einer Straße und hat sich dann nochmal umgedreht Richtung Zaun und dann waren die da alle schon und haben in Richtung dieses Waldes geleuchtet.
00:50:37: Und es war alles hell.
00:50:40: Also, du kannst dich nicht verstecken sozusagen.
00:50:42: Und was war der Moment, in dem er drüben war?
00:50:48: Mein Vater ist dann in das nächste Dorf gerannt, dann schon im Westen und wollte an eine Telefonzelle.
00:50:56: Meine Mutter hatte meinen Vater in den Ostenmarkt in die Jacke eingenäht und mein Vater wollte dann telefonieren, aber die Telefonzelle ging nicht.
00:51:03: Dann ist er weiter gerannt und hat an einer Kirche geklingelt.
00:51:06: Und da war aber keiner oder hat jemand einen sehr tiefen Schlaf gehabt, zumindest.
00:51:10: Und dann kam er irgendwann an ein anderes Haus, wo auch keiner aufgemacht hat.
00:51:14: Und dann wollte er auch schon wieder weg.
00:51:17: und dann fuhr aber ein Auto in den Hof.
00:51:19: Und dann stieg so ein junger Typ aus und er meinte, was los und so.
00:51:24: Und dann meinte er so, ja, ich bin gerade abgehauen, ich müsste mich mal wie melden.
00:51:28: Und dann hat er gesagt, ach so, ich komme gerade aus Mallorca aus dem Urlaub.
00:51:31: Das ist auch Mallorca sein, muss.
00:51:32: in so einer Situation, find ich sehr witzig.
00:51:34: Und dann hat er gesagt, ja, es macht keiner auf.
00:51:35: Und dann ist der Sohn in die Scheune gegangen, hat den Traktor angemacht.
00:51:39: Und dann ging im ganzen Haus die Lichter an.
00:51:42: Wieso?
00:51:43: Weil der Bauer dann aufgewacht ist.
00:51:45: Ach so durch den Lärm.
00:51:46: Von der Tüklinge nicht.
00:51:47: Ja.
00:51:48: Aber als der Traktor dann anging, ging überall im Haus dann die Lichter an und dann kam er runter.
00:51:52: Ja
00:51:52: klar, natürlich ist das Heiligtum, ist natürlich der Traktor.
00:51:54: Wenn da irgendwas angeht, dann wissen alle, okay hier ist irgendwas los, ich muss aufwachen wahrscheinlich.
00:51:58: Ja, total.
00:51:59: Und dann hat der einen Polizisten angerufen und dann kamen zwei vom Bundesgrenzschutz und haben ihn dann mitgenommen.
00:52:04: Und wo ist
00:52:04: er dann untergekommen?
00:52:05: In Gießen in einer Notaufnahme lager.
00:52:07: In dem Song singst du ja oder geht es dir auch schon um die um die Mutter, die zu Hause zurück bleibt.
00:52:13: Sie wusste davon, hast du schon erzählt, ab wann und du hast auch erzählt, welche Nachwirkungen das für dein Onkel zum Beispiel hatte.
00:52:20: Wann kam die Polizei nach Hause?
00:52:22: Die haben es wahrscheinlich nämlich mal an durch diese Spuren, von denen du erst erzählt hast, die sind diese Sandspur da, von Japanischen Garten wahrscheinlich dann rückverfolgen können.
00:52:32: Sie konnten sie in derselben Nacht schon zurückverfolgen.
00:52:34: Also eigentlich ein paar Stunden danach haben die Hunde die Pferde meines Vaters aufgenommen und die sind zwölf Kilometer zurückgelaufen von der Grenze bis zu unserem Garten und haben dann, so steht das in der Stasiakte, um vier Uhr morgens das Haus beobachtet.
00:52:48: und dann stand irgendwie drin, dass alles ruhig war und so weiter.
00:52:50: Natürlich ist klar, vier Uhr morgens.
00:52:53: Und dann wurde die ganze Familie infiltriert.
00:52:57: Dann kam ... die Stasi, die Stasi zu meinen Großeltern, also zu den Eltern meines Vaters.
00:53:03: Dann kamen inoffizielle Mitarbeiter, die Teile meiner Familie besucht haben und sich mal zu Kaffee und Kuchen eingeladen haben und mal irgendwie übers Wetter quatschen wollten und so weiter und dann auch so balläufig mal erfahren wollten, wo eigentlich mein Vater ist.
00:53:14: Das ist die Geschichte des achzehnten Julis, genau, wie es dann weitergeht.
00:53:18: Also er hat darüber auch ein Song geschrieben.
00:53:19: Ja.
00:53:20: Genau, also der dann quasi den Tag danach behandelt und dann eben wie es für deine Familie und für deine Mutter und eigentlich ja sogar auch für dich ist.
00:53:29: weil man, na du singst darin, vergiss nicht wo du herkommst und wie soll dich das vergessen.
00:53:37: Wie sehr ist diese Geschichte, also ich meine du hast dich jetzt wahnsinnig krass damit auseinander gesetzt.
00:53:45: Was hat das mit dir gemacht?
00:53:47: Also diesen, also ich meine es ist ja, es wird, also es wird wenig darüber geredet.
00:53:57: Genauso wenig wie auch über, also jede schreckliche Zeit wird wenig beredet.
00:54:03: Also das scheint der Mensch irgendwie so zu machen.
00:54:07: Aber jetzt bist du ja nicht in dem Sinne in erster Linie betroffen.
00:54:11: Aber du hast ja trotzdem trägst du, oder wir tragen ja alle die Geschichten unserer Eltern auch irgendwie mit uns herum.
00:54:19: Was ist mit dir passiert in dieser krassen Auseinandersetzung damit?
00:54:24: Für mich war das total gut.
00:54:25: Und ich konnte ganz, ganz viel viel besser verstehen, mein Leben besser verstehen, mein Aufwachsen besser verstehen und mich selbst besser verstehen.
00:54:32: Wir haben eben schon über die Schule gesprochen.
00:54:34: Das ist auch ein Überbleibsel aus der DDR, dass Leute so gezüchtigt werden, dass Kinder so gezüchtigt werden, dass die so bearbeitet werden und wirklich also mit psychischer Gewalt bearbeitet werden.
00:54:44: Und das kommt aus einem anderen System, in dem man Kinder nicht zu freien Menschen erzogen hat, sondern gezüchtigt hat.
00:54:53: Und ich konnte ganz, ganz viel... Danach besser verstehen von meinem eigenen Leben.
00:54:59: Ich konnte mein Aufwachsen besser verstehen.
00:55:01: Ich konnte die Menschen in meinem Umkreis besser verstehen.
00:55:06: Und würde aber sagen, dass es mich zu noch mehr Reflektion geführt hat.
00:55:11: Das ist die Antwort darauf.
00:55:16: Ich verstehe ... Nee, da muss ich ein bisschen drüber nachdenken.
00:55:19: Entschuldigung.
00:55:21: Was war deine Frage noch mal?
00:55:22: Was ist mit mir gemacht?
00:55:23: Was ist mit dir
00:55:24: gemacht?
00:55:24: Also diesen ... Das eine, man versteht, also man geht so ins Detail rein und plötzlich, ich hab so das... Man guckt sich so die Truhe, die in Keller, du hast ja schon erzählt, klar, es war kein Geheimnis.
00:55:40: Aber sich so krass damit auseinanderzusetzen, mit dem Vater noch mal zu reden, hinzufahren, Stasiakt anzugucken, als Sohn ist ungewöhnlich.
00:55:50: Ja, das ist... Ungewöhnlich, ich wollte das aber gerne machen und der große Punkt war, dass ich erzählen wollte, dass es Menschen gibt, die einfach anders aufgewachsen sind.
00:55:59: Ich hatte mir für dieses Album eigentlich eine einfache Botschaft vorgenommen, nämlich nur das.
00:56:03: Wenn am Ende Menschen zu mir kommen und sagen, das habe ich, das sehe ich jetzt, dann ist mein Auftrag erfüllt.
00:56:08: Und ich hab lange überlegt, wie ich das mache, wie ich das übersetze und was die Metapher dafür sein kann.
00:56:13: Und bin dann ganz schnell bei dieser Fluchtgeschichte gewesen.
00:56:15: Dass das eigentlich die Geschichte ist, wo alles drinsteckt.
00:56:18: Wenn man sich die angeschaut hat, wenn man die gesehen hat, dann ist völlig klar, dann hat man viel verstanden.
00:56:26: Verstanden von dir?
00:56:28: Nee, von mir nicht.
00:56:30: Aber man hat dieses System verstanden und man hat meine Botschaft, diese einfache Botschaft, dass die Menschen anders aufgewachsen sind, dass die anderes erlebt haben, verstanden.
00:56:39: Darum ging es mir erst mal.
00:56:42: Mir war es wichtig zu erzählen, dass das nicht sich von dem Fall der Mauer hat erschrecken lassen.
00:56:46: Das ist auch immer noch da gewesen.
00:56:47: Das ist auch fünf Jahre nach der Wende noch da gewesen.
00:56:49: Das ist vermutlich auch jetzt noch da.
00:56:52: Dass Menschen so sozialisiert sind, das verschwindet nicht einfach.
00:56:56: Und es war ja wirklich eine ganz, ganz starke Kontrolle auch über Körper und Geist.
00:57:00: Und man legt das nicht einfach so ab.
00:57:03: Wurde aber so getan, als wäre es abgelegt?
00:57:05: Oder hatte man so das
00:57:06: Gefühl?
00:57:08: Ganz schwer das zu sagen, es ist wenig Thema, ist mein Eindruck.
00:57:11: Wir reden immer viel über den Soli.
00:57:14: Ob man den abschaffen soll oder ja oder nein, darum geht es mir überhaupt nicht.
00:57:18: Das ist für mich jetzt nicht wichtig.
00:57:20: Aber ich hab das Gefühl, dass man darüber mal spricht, was das mit den Menschen gemacht hat.
00:57:26: Und woher die kommen und wie die handeln, das ist schon immer noch da.
00:57:33: Und ergibt sich aus dieser Zeit.
00:57:36: Ich hab ein kleines Beispiel.
00:57:38: meine alte Kindergärtnerin wieder getroffen und hab die nicht zu den Bösen gehört und hab mich mit ihr unterhalten und die meinte, ich hab sie gefragt, was hat denn sich für dich verändert?
00:57:52: Wie war das denn für dich?
00:57:54: Was war deine größte Veränderung?
00:57:56: Und ich dachte, die sagt so was wie, das war schön, wir konnten endlich mal einen Kuhfürstendamm oder wir konnten endlich mal nach Kanada oder irgendwie so, wir waren frei, wir konnten reisen.
00:58:05: Ihre Antwort war, naja.
00:58:08: Du musst es dich halt kümmern.
00:58:10: Also wenn du arbeitslos geworden bist und du bist nicht aufs Arbeitsamt, dann hast du kein Geld gekriegt.
00:58:16: Und das hat mich so umgehauen.
00:58:18: Weil ich dachte, ich frage dich nach nirgendwo.
00:58:21: Und das Erste, was dir einfällt, ist was Schlechtes.
00:58:26: Etwas, was sich verschlechtert hat.
00:58:29: Und das meine ich.
00:58:31: Die Leute sind in einem System aufgewachsen, in dem sie gelernt haben, dass der Staat Fürsorge betreibt.
00:58:36: Das war natürlich nicht nur Fürsorge, es war auch Kontrolle.
00:58:38: Aber ganz offensichtlich haben das Menschen so wahrgenommen und haben das Menschen so empfunden.
00:58:44: Und das ist weg.
00:58:46: Erst mal.
00:58:48: Und darauf wollte ich aufmerksam machen, dass es Menschen gibt, die in so einem System aufgewachsen sind, in einem anderen System aufgewachsen sind.
00:58:54: Und dass das nicht neunundachtzig weggegangen ist, dass es immer noch da und Menschen tragen das in sich.
00:58:59: Und es braucht ganz viel Refektion und ganz viel Denken, Nachdenken.
00:59:04: Jetzt komme ich wieder zu dem Punkt, dass ich sehr in mir bin und dass ich sehr in mir wohne.
00:59:07: Man muss ganz oft darüber nachdenken, muss ganz viel reflektieren und versuchen das zu verstehen.
00:59:13: Und das ist viel Arbeit, das ist ganz viel Wühlerrei.
00:59:18: Und man braucht einen guten Zugang zu sich selbst.
00:59:21: Und wenn man den aber hat, dann kann man das schaffen und kann das überkommen.
00:59:25: Dieses Verstehen, was erhoffst du dir davon?
00:59:29: Also wenn man das jetzt hört, wenn man den Song hört, dann eben noch den anderen oder es gibt noch einen anderen, sag nicht deinen Namen.
00:59:37: Und dann kann man das jetzt als Bonner hören.
00:59:44: Was hoffst du dir, was den Menschen, was der Bonner dann versteht?
00:59:47: Oder vielleicht auch die Berliner?
00:59:49: Erhoffe mir davon, dass Menschen verstehen, dass es im Osten ein anderes System gab.
00:59:56: Das ist eine ganz einfache Botschaft, aber das reicht mir schon.
00:59:59: Das reicht mir schon.
01:00:01: Wenn man sich dieses Album anhört, verpackt in Pop-Songs, die jetzt natürlich nicht alle nur schwer sind, dass man über diesen Sprachrohr versteht, was da los war.
01:00:13: Weil mir berichten auch manchmal Leute aus Österreich, dass sie das gar nicht wussten, dass das so krass war.
01:00:18: Und ich glaube, man muss noch nicht mal nach Österreich gehen.
01:00:21: Ich glaube, man kann auch nach Köln gehen oder nach Mexikladbach.
01:00:24: Ich glaube, ehrlicherweise sogar, man kann auch nach Dresden fahren.
01:00:30: Und man weiß es nicht.
01:00:32: Bei mir war es das Leben der anderen, als ich das mit meinen Eltern geschaut habe hier in Berlin im International.
01:00:38: Da haben wir danach das erste Mal richtig drüber gesprochen über die Zeit in der DDR, über Stasi und all das.
01:00:46: Und ich weiß noch, wie ich im Kino saß und meine Mutter sagt, denkt nicht, dass das nur ein Film ist.
01:00:50: Und mir war der Film unglaublich wichtig.
01:00:54: Und ich glaube, ganz viel haben durch diesen Film verstanden, was da los war.
01:00:59: Und jetzt habe ich aber das Gefühl auch gerade, dass der Osten ein D ist.
01:01:08: Also es wird so auf der Osten wird so gezeigt und guck mal hier die Dumm, die AfD wählen und die checken es nicht und so weiter, haben sie den vergessen und so.
01:01:16: Und deswegen finde ich das total wichtig, dass du das machst und dass du da deine, wie soll man, deine Leinwand, das ist halt nicht der Film, sondern es ist Popmusik am Ende dafür nutzt.
01:01:30: und ich kann mir vorstellen, dass das auch dass man totales Wagnis ist.
01:01:34: Also wenn wir uns angucken, was streamingmäßig jetzt gerade so funktioniert, ist das jetzt nicht so, wo man sagt, okay, ja, die Fluchtgeschichte meines Vaters, das macht gerade nicht den Spotify-Algorithmus, sagt er nicht, aber geil, endlich macht's mal einer.
01:01:53: Absolut.
01:01:53: Nein, das ist überhaupt nicht so, das war ein sehr großes Wagnis.
01:01:57: Mir war das aber extrem wichtig.
01:01:58: Und mir ist es extrem wichtig, auch eine Geschichte zu erzählen.
01:02:00: Das ist in der Zimmerwille am Anfang des Gesprächs.
01:02:03: Das ist einfach auch mir ein Anliegen.
01:02:04: Und das ist der Grund, warum ich angetreten bin, das zu erzählen, diese Geschichte zu erzählen und die ganze Geschichte zu erzählen.
01:02:09: Darum geht es mir einfach.
01:02:11: Und das ist mir dann auch wichtiger als ein Algorithmus.
01:02:14: Und es ist mir wahrscheinlich auch wichtiger als Erfolg, ehrlicherweise.
01:02:17: Dieses... Ich bin, wie gesagt, auch in der DDR aufgewachsen.
01:02:24: Ich kenne keine Fluchtgeschichte, in meinem Familienumfeld.
01:02:29: aber dieses warum es dir so ein anliegen ist also dass du dieses wagen es eingehst.
01:02:36: also du bist jetzt anfangen dreißig.
01:02:40: du hast ein album gemacht was sehr gut lief würde ich sagen olympia und was eine große anschlussfähigkeit hatte aufgrund von weil es viel um Einsamkeit ging, was viel auch Menschen, die zu Corona das erlebt haben, die Decke an den Wänden anschauen.
01:02:58: Und man konnte sich damit total, ich glaube, deutschlandweit identifizieren.
01:03:03: Und jetzt nimmst du dich da raus aus diesem Algorithmus-Spiel und gehst jetzt nicht weiter und machst das nächste Einsamkeitslied, sondern du singst die Fluchtgeschichte deines Vaters.
01:03:14: Was echt, also... Ich finde das großartig, aber warum ist dir das so ein krasses Anlegen?
01:03:20: Warum gehst du dieses große Risiko ein?
01:03:23: Also ich glaube, man muss erst mal sagen, dass Olympia auch schon nicht, also alle die sich mit Streaming auskennen, auch nicht in die Hände geklatscht haben.
01:03:31: Sondern auch mir damals schon gesagt wurde so die Musik und auch willst du überhaupt mit Band und so Musik und so mit Gitarre und so.
01:03:37: echt jetzt bis ihr sicher und so.
01:03:39: Und da war das auch schon so.
01:03:41: Also es war schon immer.
01:03:43: Ich hatte schon viele immer schon viele Leute um mich herum, die mich so ein bisschen gesagt haben.
01:03:46: So war sich jetzt nicht ob das
01:03:48: immer mal lieber Auto tun.
01:03:50: Ja, beispielsweise.
01:03:53: Antizyklisch ist das Wort, was aufgefallen ist.
01:03:55: Es ist antizyklisch und das habe ich jetzt auch wieder gemacht.
01:04:02: Das ist mir einfach unfassbar wichtig.
01:04:05: Das ist die Antwort darauf.
01:04:06: Das ist mir einfach wichtig.
01:04:08: Es ist einfach so?
01:04:09: Nein, es ist nicht einfach so.
01:04:10: Es ist, das ist was, was mich beschäftigt.
01:04:13: Und ich muss über etwas schreiben, was mich beschäftigt.
01:04:17: Ich kann nicht niedermachen, die für mich belanglos sind, kann ich nie machen.
01:04:21: Das beschäftigt mich und ich will das erzählen, weil es mir wichtig ist, dass man das versteht und dass ich ein Sprachrohr habe und dass mir mehr Leute zuhören als meine Freunde, sondern dass es einen erweiterten Kreis gibt.
01:04:32: Mir ist es wichtig, auch den zu nutzen und Menschen zu zeigen, so war das.
01:04:37: Das war eine Diktatur.
01:04:40: Und wir alle leben in Freiheit.
01:04:44: Und das müssen wir bewahren.
01:04:47: Das war auch der Grund für dieses Album.
01:04:48: Und mir ging es auch darum, eine Geschichte so zu erzählen, dass alle sie verstehen können.
01:04:55: Das heißt, das Wagnis ist in meinen Augen gar nicht so groß.
01:04:57: Weil ich sehe das auch als meine Aufgabe, Menschen ein Thema zu erzählen.
01:05:04: was sie vorher noch nicht kannten, was sie vorher nicht auf dem Schirm hatten.
01:05:06: Und wenn sie das nicht verstehen, das ist meine Schuld, weil ich es offensichtlich nicht gut genug gemacht habe.
01:05:11: Und das habe ich mir aber zugetraut bei diesem Album, weil ich den starken Drang hatte, das zu machen.
01:05:17: Mhm.
01:05:18: Wie hat dein Vater reagiert, als er das Song das erste Mal gehört hat?
01:05:21: Was war das für ein Moment?
01:05:23: Mhm.
01:05:23: Hast du es ihm vorgespielt?
01:05:24: Nee, ich habe es ihm geschickt, weil ich auch wusste, dass es viel ist natürlich und ich wollte jetzt nicht so danebenstehen und gucken und und und.
01:05:34: Das
01:05:37: wollte ich jetzt nicht.
01:05:41: Also was ich mir wünsche, ist, dass ich glaube, dass es für alle Beteiligten ein Buch war, was zu ist.
01:05:49: Und ich mir ganz sehr hoffe, dass durch diese beiden Songs dieses Buch ein neues Kapitel bekommen hat.
01:05:55: Und sie sehen, dass ihre Geschichte nicht einfach nur passiert ist, sondern dass die auch ein Wirken für andere hat durch diese Songs.
01:06:05: Das verstehen dann wieder, was du hast.
01:06:09: Ich habe mit Verena König eine Traume-Expertin gesprochen.
01:06:12: Wir haben noch nicht, das müssen wir beim dritten Gespräch machen, über kollektives Trauma gesprochen.
01:06:18: Und wir reden bei kollektiven Trauma ja meistens über die Nachwirkung des Zweiten Weltkriegs, also zumindest in Deutschland.
01:06:25: Aber ich habe mich eben auch gefragt, wie sehr das ein Trauma, was auch eine... Wir haben im Grunde sehr, sehr viel erlebt haben im Osten.
01:06:34: Also die Wände haben wir alle erlebt.
01:06:36: Wie fern dieses dann auch als Trauma wirkt, wenn deine Kindergärtnerin das Erste ist, was sie sagt, was Schlechtes ist.
01:06:44: Und ich würde sagen oder behaupten, das geht relativ viel so.
01:06:48: Wenn die Wende, die heute fragst, Ich würde, also ich würde, da kann man jetzt nicht nachzählen, aber ich würde sagen, wahrscheinlich über die Hälfte sagt zuerst was Schlechtes, kann ich mir vorstellen.
01:07:00: Und deswegen habe ich mich das gefragt, ob das ein Thema war, diese Diktaturerfahrung.
01:07:06: Das war kein Thema, nee.
01:07:08: Betrachtest du dich als Ostdeutschen Musiker?
01:07:14: Das ist eine spannende Frage.
01:07:15: Ich wurde oft gefragt, ob ich mich als Ostdeutscher bezeichne.
01:07:17: Da habe ich immer Ja gesagt.
01:07:19: Da habe ich immer Nein gesagt, Entschuldigung.
01:07:20: Ich würde, ich würde jetzt auch wieder Nein sagen.
01:07:25: Ich bin Bundesbürger.
01:07:27: Ich bin viel neunzig geboren und ich kam noch nie auf die Idee, mich im Ausland vorzustellen, dass ich aus East Germany komme.
01:07:38: Also ich würde immer sagen, dass ich aus Deutschland komme.
01:07:42: Wenn du mich jetzt fragst, ob ich mich als ostdeutschen Musiker bezeichnen würde, dann wahrscheinlich doch ja.
01:07:49: Also vergiss das, nein, wollte ich damit sagen.
01:07:51: Doch ja, weil ich natürlich auch daherkomme.
01:07:55: Und dass meine Herkunft ist und ist ganz viel auch ... Darum geht.
01:07:59: Der hast du ja gesagt, das ist deine Quelle.
01:08:01: Ja,
01:08:02: genau.
01:08:03: Für uns gab es keine Kunst.
01:08:06: Was meinst du damit?
01:08:08: Das muss ich ausholen.
01:08:10: Ich habe, nee, ich muss so anfangen.
01:08:14: Wir haben eben über meine Ausbildung gesprochen, dass ich das Gefühl hatte, ich muss eine handwerkliche Ausbildung machen.
01:08:19: Dieses Gefühl kommt nicht von ungefähr, sondern das hat einen Grund, warum es das gibt.
01:08:25: Und das liegt daran, dass die DDR der Arbeiter- und Bauernstadt war, dass es flächendeckend Arbeiter und Bauern geben sollte.
01:08:31: Ein geringes Bildungsbürgertum, die sollten nicht bevorzugt werden, man wurde zum Abitur delegiert, das heißt, man durfte kein Intelligenzlerkind sein, das heißt, deine Eltern durften nicht studiert haben, sonst wurdest du ja bevorzugt und so weiter.
01:08:44: Und das hat in der Fläche ein, so kam es mir zumindest vor, auch in der Welt, in der ich gelebt habe, in dem Dorf, in dem ich gelebt habe, gab es ein ganz geringes Bildungsbürgertum.
01:08:54: Und der größte Teil hat in Handberufen gearbeitet.
01:08:59: Das heißt, die waren Friseure, die Frauen, Männer eigentlich so gut wie nie.
01:09:04: Die waren Maurer, Elektriker, die waren Schlosser, Schmied, sowas.
01:09:11: Und dieses Gesellschaftsbild hab ich aufgesogen.
01:09:16: Und kam mit sechzehn überhaupt nicht zu einem anderen Entschluss, als zu sagen hätte, so ist die Welt, so ist das.
01:09:23: Das kommt aus dieser Zeit.
01:09:25: Dann hab ich das irgendwann abgebrochen, bin nach Berlin gegangen, hab studiert und hab dann gemerkt, in der Auseinandersetzung mit anderen, die in München aufgewachsen sind, in Stuttgart oder in Heilbronn, dass ich ganz anders aufgewachsen bin als die.
01:09:42: Und als ich auf der Bühne stand, dachte ich, Kunst war in meinem Aufwachsen nicht vorhanden.
01:09:49: Das gab es nicht.
01:09:50: Es gab ... Kein Theater, es gab ein Theater in Mining, das war aber auch sehr weit weg.
01:09:54: Da ist man nicht mal eben so hingekommen.
01:09:56: Und auch im Leben der Menschen um mich rum hat Kunst keine Rolle gespielt, gar nicht.
01:10:01: Da gab es keine Bücher zu Hause.
01:10:04: Da wurde dann irgendwie mal Musik gehört, aber das hatte keinen Einfluss auf deren Leben.
01:10:09: Und jetzt sind wir auch wieder bei dem Thema, warum ich das mache, weil alles ein riesiger Reflexionsprozess ist.
01:10:15: Warum das so ist.
01:10:16: Denn auch das ist kein Zufall.
01:10:19: Weil diesen Menschen, weil Arbeitern, Ganz früh erzählt wird, dass ein Theater kein Ort für sie ist, weil sie nicht den Bildungsstand besitzen, um dort zu sein.
01:10:27: Sie verstehen das nicht, die sind zu doof.
01:10:30: Was soll ich mir die Mutter Courage angucken von Brecht?
01:10:33: Weil sie jetzt auch nicht verstehe ich ja nicht.
01:10:36: Und sie kriegen ganz früh chauvinistisch erzählt, dass das kein Ort für sie ist.
01:10:41: Deswegen hat das in meinem Aufwachsen keine Rolle gespielt.
01:10:45: Und das thematisiere ich in diesem Song, weil ich das falsch finde.
01:10:48: Kunst ist für alle.
01:10:49: Und Kunst ist keine Raketenwissenschaft.
01:10:51: Das kann jeder Mensch verstehen.
01:10:52: Jeder.
01:10:53: Manchmal braucht man vielleicht eine Erklärung dazu.
01:10:56: Manchmal braucht man vielleicht kurz jemanden, der einem drei, vier Sätze dazu sagt.
01:10:59: Aber das ist nichts, was man von Bildung abhängig machen kann.
01:11:03: Ich glaube aber auch These an dieser Stelle, dass es auch ein westdeutscher Blick auf Ostdeutschland ist.
01:11:13: Also, dass eine gewisse ... Ich hab das erlebt an der einen oder anderen Stelle, dass man so merkt, dass der Aussi, ihr habt ihr seid ja nicht so Akademiker sozusagen, dass das auch ein westdeutscher Blick auf den Ostdeutschen, die Ostdeutsche ist, dass die Hochkultur ja nicht so gut verstehen und unterkomplex ist wahrscheinlich der Kulturbegriff und so weiter.
01:11:45: Das ist mir auch schon ein paar Mal begegnet, so eine Hochnäsigkeit, was das betrifft.
01:11:50: Und ich finde auch, Kunst ist für alle da und es gibt gar keine Frage.
01:11:57: Da sollte sich niemand was darauf einbilden.
01:11:59: Was ja auch wieder witzig ist auf eine Art, weil wenn man sich mal überlegt, kommt, welche Künstlerinnen alle aus dem Osten kommen, also Bach wurde in Eisen nachgeboren, Goethe, Schiller, Franz List.
01:12:10: Das ist schon eine ganze Menge, finde ich.
01:12:12: Ja,
01:12:13: auf jeden Fall.
01:12:13: Und die größte deutsche Band ist eine Ostband, Rammstein.
01:12:22: Ja, also das spielt schon eine große Rolle.
01:12:26: Bist du immer noch Junge, bist du noch Dorfkind?
01:12:30: Jetzt wo du in der Großstadt lebst?
01:12:33: Nein, würde ich nicht sagen.
01:12:34: Ich glaube auch, das war ich noch nie so richtig.
01:12:36: Also dazu gehört dann für mich ein bisschen mehr, als ich komme daher.
01:12:41: Ich habe immer viel Zeit in der Natur verbracht.
01:12:43: Das mache ich auch immer noch.
01:12:43: Und das ist, glaube ich, das größte Überbleibste davon, dass ich viel draußen bin.
01:12:46: Ich bin irgendwie viel gerne in der Natur und verbringe da sehr gern Zeit.
01:12:52: Aber der ganze Rest bin, glaube ich, schon ganz gut hier aufgehoben.
01:12:55: Ja, das hatte ich mich gefragt.
01:12:57: Dein Leben ist jetzt so ein anderes.
01:13:00: Also, wenn wir von Kindheit, Jugend und so weiter angucken und ich wollte nämlich wissen, was gleich geblieben ist, dann ist es die Natur wahrscheinlich.
01:13:09: Es ist die Natur.
01:13:12: Ja, ich merke das auch.
01:13:13: Als ich nach Berlin gezogen bin, war meine erste Station auch Charlottenburg, wo ich ganz nah am Gunewald gewohnt hab und da immer hingegangen bin.
01:13:21: Und das war so mein Ruhepol, wenn's mir in Berlin zu viel wurde.
01:13:25: Das war in der Anfangszeit wirklich sehr oft der Fall, weil ich das erst mal irgendwie verstehen musste, wie hier irgendwie was funktioniert.
01:13:29: Und das ist ja wirklich auch ein Riesensprung, also von tausend Einwohnern zu, keine Ahnung, wie viel hat Berlin jetzt?
01:13:35: Vier?
01:13:36: Vier Millionen, ja.
01:13:37: Das war dann schon relativ großer Sprung, deswegen ist das sehr geblieben.
01:13:41: Gibt es noch etwas, was geblieben ist?
01:13:43: Also unabhängig von der, also du hast dich jetzt so viel mit deiner Herkunft auseinandergesetzt und du hast schon gesagt, dieses Kapitel zu machen, damit ein neues Kapitel anfangen kann in der Familiengeschichte.
01:13:53: Und jetzt bist du, kommst gerade von der kleinen ersten Tour zu dem Album.
01:13:58: Gibt es noch etwas, wo du merkst, okay, man will ja weiterkommen, aber trotzdem der ist immer noch, es gibt immer noch den Manuel, der ist immer noch da, bestimmte Eigenschaften.
01:14:09: die eigentlich daher kommen.
01:14:10: Ich verstehe.
01:14:17: Das gibt es bestimmt.
01:14:21: Aber ich kann dir jetzt kein konkretes Beispiel so richtig nennen.
01:14:25: Beziehungsweise ist wahrscheinlich alles, was mir bisher so aufgefallen ist, wo ich dachte, das kommt noch so ein bisschen daher, hat jetzt auch wirklich auf dem Album irgendwie einen Platz gefunden.
01:14:37: Was ist dein Erfahrung, wenn du dieses Stück jetzt gespielt hast live?
01:14:40: Also wenn du, du hast ja nicht nur in Thüringen gespielt, sondern eben auch in Hamburg.
01:14:45: Wie reagieren die Menschen darauf?
01:14:47: Also, sie hatte jetzt eine wunderschöne Tour mit total besonderen Locations und hatte immer den Eindruck, dass das Publikum unglaublich aufmerksam ist.
01:14:56: Also, dass man so eine Stecknadel fallen lassen kann und man hört das.
01:14:59: Also, es ist wirklich absolute Stille.
01:15:01: Auch Paul, der zu Brot gespielt hat, hat auch gesagt, es ist unglaublich, unglaubliche Stille in diesem Raum, auch weil alle so auf Zuhörengeburt sind.
01:15:11: Und das war total schön.
01:15:13: Und mein Eindruck ist wirklich auch, dass viele Also, ja, nee, ich glaube, dass viele einfach sehr aufmerksam sind, sehr zuhören.
01:15:25: Und ich mir natürlich wünsche, dass diese Geschichte verstanden wird.
01:15:31: Und ich halbe aber auch den Eindruck, dass das passiert.
01:15:34: Ich habe es ja erst schon erzählt, bevor wir aufgenommen haben, was mich total wundert, ist sowieso, dass jemand ... Also deswegen habe ich da auch so viel nachgefragt, warum erzählst du diese Geschichte, wo du für neunzig geboren bist?
01:15:47: Also es ist ja nicht der Zeit, also nicht der Zeitzeug in dem Moment, sondern irgendwie das Kind vom Zeitzeugen oder vom Dominik, der es erlebt hat.
01:15:56: Mein bester Freund ist Belgier und der ist total ultra berührt davon.
01:16:00: Und ich bin auch total berührt davon gewesen, als ich das erste Mal gehört habe.
01:16:04: Und das ist irgendwie... Gibt es da irgendwie ein kollektives Trauma, was man irgendwie erlebt hat?
01:16:10: Warum berühren ein manche Sachen so sehr?
01:16:12: Also warum hört man ein Stück und denkt, ich habe eigentlich nichts damit zu tun, aber irgendwas schwingt da vollkommen bei mir an, dass mir irgendwie die Tränen fast kommen, wenn ich das höre.
01:16:22: Und das fand ich interessant als Erfahrung bei diesem Stück, dass das so... irgendwie so ein Nag geht.
01:16:29: Ich bin auch gespannt, wie das dann wieder erst gespielt, wie das die Hörer und Hörer vom Podcast jetzt irgendwie wahrnehmen.
01:16:34: Aber das ist, offensichtlich geht es nicht nur um Springsteen.
01:16:39: Man transportiert sich da und dafür, also stark, dass das so ist.
01:16:44: Total, das ist total schön, dass du das sagst und dass du das so empfindest.
01:16:47: Und ich glaube, dass auch, wenn man selbst ein ganz großes Anliegen hat und eine ganz große Botschaft, dann überträgt sich das.
01:16:53: Und es ist dann gar nicht so wichtig, ob man das selbst erlebt hat.
01:16:56: Ob man das versteht.
01:16:58: Es gibt auch Musik in ganz anderen Sprachen, die mich total berührt.
01:17:02: Die ich überhaupt nicht verstehe.
01:17:04: Also eine der größten Bands ist Sigo Rose.
01:17:06: Die singen auf Islandisch.
01:17:08: Das versteht ja wirklich ein ganz kleiner Bruchteil der Welt.
01:17:11: Und trotzdem ist das ein Welterfolg.
01:17:14: Weil das so berührend ist, was die da machen, weil die das für sich so klar haben und die haben so eine Energie und so eine Magic, dass sich das überträgt.
01:17:26: Das ist auch meine Philosophie.
01:17:28: Also, damit rauszugehen und das zu machen.
01:17:31: Weil ich glaube, wenn du das klar hast und wenn du das willst und wenn du einfach mit der Energie da reingehst, dann würd sich das auch übertragen.
01:17:38: Das ist bei Radiator genauso.
01:17:40: Wo rüber singt, der weird fish ist.
01:17:43: Was ist da los?
01:17:44: Genau.
01:17:45: Deswegen hab ich mich das wahrscheinlich auch getraut, so zu machen, obwohl der Streamingmarkt das eigentlich gerade nicht so hergibt, weil ich mir dachte, das ist auch meine größte Waffe.
01:17:54: Waffe ist kein schönes Wort.
01:17:56: Mein größtes Mittel, das so mit ganz viel Energie und ganz viel Dringlichkeit nach vorne zu bringen und nach oder raus zu bringen, dass es sich auf andere überträgt.
01:18:07: Wie ist das, Musiker, zu sein?
01:18:11: Es ist total schön.
01:18:12: Ich fange mal so an.
01:18:14: Ich genieße es total.
01:18:16: Das ist genau das, was ich machen möchte.
01:18:18: Ich liebe das, auch auf Tour zu sein.
01:18:20: Ich komme ja gerade wieder daher.
01:18:23: Und ich spreche aus einer Position, Publikum zu haben, was, wie gesagt, sehr aufmerksam ist und mir auch zuhört.
01:18:33: Ich bin jetzt kein Musiker, der jeden Tag drei Tiktoks raus ballern muss.
01:18:38: Sonst wissen die Leute nicht mehr, wer man ist und dann spielt man auch keine Konzerte mehr.
01:18:43: Das ist, glaube ich, nicht meine Situation.
01:18:47: Ansonsten ist es, glaube ich, denkt man schon auch ein bisschen über KI nach, wie, glaube ich, fast alle in Ihrem Orange gerade.
01:18:57: Inwiefern das ein Thema wird, inwie wichtig das wird.
01:19:00: Wie denkst du darüber nach?
01:19:02: Ich glaube, dass der Anteil an KI-Musik größer wird, bestimmt.
01:19:07: Ich bin mir aber auch sicher, was ich finde, was man in dieser ganzen Technologie-Debatte immer vergisst, ist, dass wir auch fühlende Wesen sind und Lust haben, uns mit anderen Menschen auszutrauschen und soziale Wesen sind.
01:19:23: Und ... Der Grund, warum Menschen auf Konzerte gehen, warum man Musik hört, ist auch die Ebene, dass man jemanden sieht, der sich verausgabt, der sich ausschöpft und der sich ausschüttet.
01:19:33: Es gibt ein Live-Video von Skinny Law von Bonnie Wehr, wo jemand drunter kommentiert hat bei YouTube.
01:19:39: What the hell hurt this guy?
01:19:41: Und das ist so ein guter Satz, finde ich.
01:19:46: Weil das ist auch der Grund, warum wir uns das anschauen.
01:19:48: Weil wir jemanden sehen wollen, der seine Wunde zeigt.
01:19:53: und der uns mitnimmt dahin, weil das auf die ein oder andere Art berührend ist.
01:20:00: Das ist KI nicht.
01:20:01: Das passiert bei KI nicht.
01:20:03: Und es gibt wahnsinnig viele Menschen da draußen, die wird es immer geben, die Musik deswegen hören.
01:20:11: Es wird auch viele Menschen geben, die einfach irgendwie Beats hören wollen, wenn sie zur Arbeit fahren.
01:20:16: Das kann KI machen.
01:20:17: Ja.
01:20:18: Aber wenn es jetzt wirklich um so was geht, das ... Sehe ich nicht.
01:20:23: Ich kenne bei den Schriftstellern und Schriftstellerinnen die eine oder andere Person, die sich komplett weigert.
01:20:30: Also die einfach sagt, ich fasse das nicht an.
01:20:34: Nie.
01:20:35: Das ist, wenn ich da einmal mit anfange, die Wahrscheinlichkeit, dass ich vom weißen Blatt Papier oder weißen Bildschirm sitze und gerade nicht weiß, wie es weitergeht, die habe ich relativ häufig.
01:20:46: Und wenn ich da einmal mit anfange und sage, das ist eigentlich dein Vorschlag, Chaddy, Deswegen wird nicht benutzt.
01:20:55: Wie ist es bei dir?
01:20:56: Benutzt du es?
01:20:59: Ich benutze es auch nicht.
01:21:00: Ich hatte mir das mal runtergeladen und habe es aber dann auch wieder gelöscht.
01:21:07: Ich finde den Weg auch so spannend.
01:21:10: Also mir geht es auch um den Weg dahin zu kommen zu, wie geht das Buch weiter?
01:21:14: Wie geht der Song weiter?
01:21:16: Was kann man machen?
01:21:18: Das ist ja auch ein ganz großer Teil dieser Aufgabe.
01:21:23: Und auch nochmal, mir geht es auch darum, dass sich das, was ich wichtig finde, auf andere überträgt.
01:21:28: Und wenn ich da jetzt KI mit benutze, dann würde es auch den Prozess extrem stark verbessern.
01:21:32: Ja.
01:21:33: Und es würde dann nicht mehr ankommen.
01:21:35: Ja, ja.
01:21:36: Ja, es würde dann nicht mehr berühren.
01:21:37: Genau.
01:21:37: Und es würde mir auch im Weg stehen.
01:21:38: Richtig.
01:21:41: Ja, ich glaube das auch.
01:21:41: Also ich glaube auch, dass es die, also zu meiner Musikzeit, da war das das eigentlich fast schon verpönt, dass irgendjemand anders mit schreibt.
01:21:55: Also das ist so was wie Songwriter Camps gibt oder so was.
01:21:58: Und jetzt ist das total normal, dass es das gibt.
01:22:02: Wenn du dir anguckst, die Credits, anguckst du bei irgendeinem großen Künstler, wie viele Leute haben da bitte mitgeschrieben?
01:22:09: Wow.
01:22:10: Und ich glaube, dass diese Art von Musik, also ich glaube, die werden arbeitslos.
01:22:14: Ja.
01:22:14: Also oder werden weniger zu tun haben, weil das ist letzten Endes nichts anderes als... ... zwanzig Top-Songwriter, einen großen Hitschreiben ist es, das kann KI übernehmen.
01:22:25: Aber mir fällt nicht ein, wie, keine Ahnung, wie, wie die KI in den Jonathan Mese oder in Betteroff irgendwie übernehmen soll.
01:22:34: Also, das wird nicht funktionieren.
01:22:35: Also, das kann ich mir nicht... Also, das spricht... Also, es geht wie.
01:22:40: Das verstehe ich nicht.
01:22:41: Und ich glaube, das ist der Weg, in dem es, glaube ich, geht.
01:22:43: Das eine wird... Ich habe jetzt einen Song gehört, mit KI gemacht.
01:22:46: Hat die Boah, ist das geil.
01:22:47: Ist das super.
01:22:48: Bestimmt.
01:22:49: Das gibt es bestimmt.
01:22:49: Und es wird mir auch passieren, dass ich ein K.I.-Song höre und werde gesagt, ey, richtig, richtig cool.
01:22:53: Ja.
01:22:54: Aber ich will, habe gar keinen Lust auf diesen, also es war jetzt dieser Song und ich höre den ein paar Mal, aber ich will ja nicht mehr, also das Interesse ist jetzt schon sozusagen, okay, das ist ein cooler Song, wie es viele coole Songs gibt.
01:23:06: Da denkt man, aber da will man nicht mehr über den Künstler wissen, das sieht dann irgendwie nicht.
01:23:09: Ich finde, Joy Division ist auch so ein bisschen ein Beispiel.
01:23:11: Es ist, dass sie diese Musik geschrieben haben.
01:23:15: Und also für mich liegt der Erfolg von Joy Division ganz viel und das ist nicht schön zu sagen, aber es liegt natürlich unglaublich viel in diesem Leid des Sängers, dass der diese Krankheit hatte, dass niemand wusste, was mit dem ist, dass er selber nicht wusste, was mit dem ist und dass er sich so jung umgebracht hat.
01:23:31: So.
01:23:32: Und man hört das in diesen Texten und das macht das so zugänglich leider.
01:23:39: Leider ist es ganz, ganz schlimm, aber das macht es so handhabbar und erlebbar.
01:23:45: dass das ein ganz, ganz großer Teil dieses Erfolgs ist.
01:23:48: Dieser Musik, die haben ja zwei Alben.
01:23:51: Mir ist es ja nicht.
01:23:52: Wir reden über zwei Alben.
01:23:54: Und die sind eine der größten Bands der Musikgeschichte.
01:23:57: Und ich glaube, das meine ich mit dieser sozialen Komponente.
01:24:01: Das wird KI nicht erschaffen.
01:24:03: Ja, aber es ist halt letzten Endes das, was wir erst am Anfang hatten, oder was du gesagt hast.
01:24:07: Es gibt diesen Schmerz und aus diesem, der ist in dem Moment fürchterlich, aber aus dem Schöpf der Künstler Ohne Ende entsteht da immer wieder Neues.
01:24:17: Erfinder
01:24:19: hat sich einen Dank für deinen Besuch.
01:24:21: Danke, dass ich da sein durfte.
01:24:22: Es
01:24:23: hat großen Spaß gemacht und ich würde zum Schluss eine Frage ständig immer stellen.
01:24:26: Das ist die Frage der Plakatwand.
01:24:28: Und ich möchte von dir wissen, was du auf eine große Plakatwand am Alexanderplatz schreiben würdest.
01:24:39: Guck nicht aufs Handy langweilig.
01:24:45: Ist diese Bushaltestellenzeit, die du erlebt hast, genauso wie ich?
01:24:49: Langeweile Bushaltestelle, irgendwas singst du.
01:24:54: Dein Song.
01:24:55: Bushaltestelle.
01:24:58: So high heißt der Song.
01:24:59: So
01:24:59: high heißt der Song.
01:25:02: Und die ist ja in dem Moment, es ist ja fürchterlich an der Bushaltestelle zu sein.
01:25:06: Aber nachher nein, ich denke, ich sehe mich manchmal diese Bushaltestellenszeit zurück.
01:25:09: Geht das auch so?
01:25:10: Es gab aber noch andere Situationen, wo man langeweile hatte.
01:25:13: Aber es ist natürlich, die Bushaltestelle ist es auch bei mir, mir fällt sofort die Bushaltestelle ein als erstes.
01:25:18: Ja.
01:25:20: Also, es geht natürlich so ein bisschen darum, dass es, natürlich damals hatten sie ihre Brust
01:25:23: langweilig.
01:25:24: Aber diese lange Weile wurde ja jetzt ersetzt, dass man sofort,
01:25:30: zack, zack,
01:25:31: was ist denn hier los?
01:25:32: Ah, okay.
01:25:33: Wer?
01:25:33: Okay.
01:25:34: Da?
01:25:34: Okay.
01:25:34: Ah, der Bus kommt.
01:25:36: Und das ist so ein Mechanismus, den man unbedingt irgendwie durchbrechen muss, weil das ist wirklich Glücksspiel.
01:25:46: Also, es drückt die Sonne auf hundert.
01:25:48: Ich sehe nämlich wieder nach diesen Momenten, nach dieser langen Weile mit Freunden.
01:25:53: Und aus der dann so, der man dann natürlich auch anfängt, den Blödsinn des Lebens zu machen.
01:26:01: Aber natürlich ist aus dieser langen Weile irgendwo rumsitzen und sagen, boah, ist das langweilig.
01:26:06: Man kann nichts tun und dann kommt irgendwas.
01:26:08: Irgendeiner kommt auf eine dumme Idee.
01:26:10: Und das ist natürlich dann das größte Abenteuer eigentlich.
01:26:12: Also deswegen ist es für mich plus eine Stelle, früher absolute Horror.
01:26:17: Und mittlerweile denke ich, ich würde mal wieder gerne an einer langen, an einer Bushaltestelle sitzen.
01:26:21: Und jemand hat mir mein Handy weggenommen.
01:26:22: Ja.
01:26:24: Das ist gut.
01:26:24: Aber ich glaube, dieses Gefühl ist weg.
01:26:26: Es hat dir keiner dein Handy weggenommen.
01:26:28: Es ist immer da.
01:26:30: Ah, Mann, Scheiße.
01:26:33: Hey, vielen herzlichen Dank.
01:26:34: Ich freue mich total, dich nochmal live auf der Bühne zu sehen mit deiner Band.
01:26:39: Ich bin... Ich habe dich das erste Mal live gesehen, bei Michel Berger auf dem Mitvergnügen fest.
01:26:47: Mein bester Freund David und ich, wir schicken uns immer neue Songs, wenn von dir was Neues rauskommt.
01:26:50: Und wir haben neulich beide, ich kann es dir nachher zeigen, als Beweis gesagt, der beste Deutschpreikünstler seit zehn Jahren.
01:26:58: Wirklich?
01:26:59: Ja, wir sind schwer beeindruckt.
01:27:01: Also David und ich, wir sind Ultrafans und wir kommen beide nach Wien.
01:27:05: Haben wir uns überlegt, wir reisen extra an.
01:27:07: Wahnsinn, vielen, vielen Dank.
01:27:08: Das freut mich wirklich, wirklich sehr.
01:27:10: Danke.
01:27:12: Danke dir.
01:27:18: Das war Betarov.
01:27:19: Vielen, vielen herzlichen Dank fürs Zuschauen und auch zuhören.
01:27:23: Was ich schon ein bisschen während des Gesprächs aber auch danach bemerkt haben, wir haben auch darüber gesprochen hier danach, ist, dass es gar nicht so einfach ist, über jemand anderen
01:27:32: zu sprechen
01:27:33: und die Geschichte eines anderen gerecht zu werden.
01:27:37: In dem Fall ist es natürlich sein Vater und hat viel mit ihm gesprochen, aber dass man das ganz genau erfasst und dem auch... dem auch gerecht wird.
01:27:46: Es ist nicht so einfach und ich finde es wirklich bemerkenswert, dass er das in der Kunst macht, dass er das auch hier macht, dass er, obwohl er das selber nicht erlebt hat, das so sichtbar
01:27:55: macht.
01:27:56: Gut ab, würde ich sagen, ich liebe seine Musik, wie gesagt, ich freue mich auf die Konzerte.
01:28:01: kauft sein neues Album Große Kunst, auch das davor Olympia.
01:28:04: Ich liebe beide Alpen und seine Musik, habe ich ja hier auch ganz ganz deutlich schon gemacht.
01:28:08: Ich möchte mich herzlich bedanken bei Lena Rocholl für die Redaktion, bei Lukas Hambach für die Produktion und bei Mütterung für die Distribution und Vermarktung.
01:28:17: Und wenn ihr Lust habt auf ein weiteres Gespräch, dann möchte ich euch das Gespräch mit Zartmann empfehlen.
01:28:24: Auch ein Musiker, den ich toll finde, der war hier irgendwann im Frühjahr, würde ich sagen, ich vergesse immer die Zeiten.
01:28:31: Wenn ihr Lust habt auf mehr Musik, auf seinen Blick, auf seine Geschichte, dann hört ihr gerne einmal rein.
01:28:36: Ich wünsche euch einen schönen Tag.
01:28:37: Eine gute Nacht.
01:28:38: Auf bald.
01:28:39: Euer Matze.
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